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Aiwanger: „Ich setze mich für einen wildtierfreundlichen Ausbau von Solarenergie ein. Mit dem Rehdurchschlupf bleiben PV-Freiflächen als Lebensräume für Säugetiere erhalten“

KIRCHDORF Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich erfolgreich für die Vereinbarkeit von Energiewende und Artenschutz eingesetzt. In einem Spitzengespräch mit Vertretern der bayerischen Versicherungswirtschaft konnte erreicht werden, dass die Umzäunungen von Photovoltaik-Freiflächen künftig für Wildtiere bis Rehgrösse durchgängig gemacht werden können, Menschen aus Versicherungsgründen aber weiterhin nicht in die umzäunte Fläche gehen können. Zugestimmt haben bisher der Bayerische Versicherungsverband und die R+V Allgemeine Versicherung AG, auch weitere Versicherungen werden um Antwort und Zustimmung gebeten.

 

Bei dem Praxistermin an einer PV-Freifläche wurden den Versicherungsvertretern Modelle für den „Rehdurchschlupf“ vorgestellt, die in den Maschendrahtzaun integriert werden. Es handelt sich dabei um geschweißte Metallrahmen von maximal 90 cm Höhe und einer Breite von ca einem Meter, in dem im Abstand von 20 cm Metallstäbe eingeschweißt sind. Dadurch können Wildtiere bis einschließlich Rehgrösse in die ansonsten abgezäunte Fläche ein- und wieder ausschlüpfen und die Fläche weiterhin als Lebensraum nutzen.

 

Aiwanger: „Wir erleben gerade in Bayern einen massiven Zubau an PV-Freiflächen, was ich aus Energiesicht begrüße und unterstütze. Leider gehen dadurch für die Tiere wertvolle Flächen verloren, weil die Flächen eingezäunt werden, um aus Versicherungsgründen Menschen von den Flächen fernzuhalten. Oft sind es sehr wertvolle Revierteile, Wiesen am Waldrand etc. Wenn diese Flächen abgezäunt werden, kann durchaus im angrenzenden Wald der Verbiss steigen, weil Äsungsfläche entzogen wird. Meine Idee war deshalb, Möglichkeiten zu schaffen, dass Tiere noch reinkönnen, Menschen aber im Normalfall nicht. Mit dieser Vereinbarung mit den Versicherungen können die Flächen jetzt durch die Besitzer der PV-Anlage gerne in Abstimmung mit den Jägern nachgerüstet werden und somit wertvoller Wildtier-Lebensraum zurückgewonnen werden. Auch aus Sicht der Jagdgenossenschaften ist es sinnvoll, diese Flächen als Rehwildflächen zu erhalten, sonst fallen sie faktisch aus der Pachtfläche heraus und mindern den Pachtwert des Reviers.“

 

Die jetzigen Zäune werden meist mit 15 cm Bodenabstand errichtet, so dass Kleintiere wie Igel, Hasen etc. die Zäune passieren können. Nach kurzer Zeit wächst dieser Bereich allerdings so stark mit Gras zu und verfilzt, wodurch die Zäune total dicht werden. Andererseits gibt es auch vermehrt Fälle, dass Rehe etc. bei einer Bodenmulde und Zaunbeschädigung doch einschlüpfen, dann aber den Ausgang nicht mehr finden und in Panik gegen die Zäune rennen. Deshalb wird auch empfohlen, mehrere Rehdurchschlupfe zu installieren, vor allem auch an den Ecken der Zäune, weil die Zaunführung hier von innen als Trichter wirkt und die Tiere in Panik genau dorthin flüchten. Außerdem ist es sinnvoll, durch die Stäbe im Rahmen mehrere Durchschlupfmöglichkeiten nebeneinander zu schaffen, damit mehrere Tiere gleichzeitig das Gelände betreten oder verlassen können, zum Beispiel eine Rehgeiss mit den Kitzen, die ansonsten neben dem Leittier an den Zaun flüchten anstatt abzuwarten, bis der Weg wieder frei ist.

 

Auch bestehende Rehwechsel oder Verbindungen zum Wald oder anschließenden Einständen bieten sich für die richtige Platzierung der Durchschlupfe an. Diese können einfach und billig selbst oder von Personen mit etwas handwerklichem Geschick geschweißt werden. Der aufgeschnittene Maschendraht ist mit dem Durchschlupf wieder so zu verbinden, dass hier keine Schwachstelle für illegalen Zutritt entsteht und ein möglicher Einbrecher, der sich mit Gewalt Zutritt zur Fläche verschaffen will, an anderer Stelle mindestens genauso leicht, zum Beispiel mit einem Seitenschneider, eindringen könnte. Als Höhe des Durchschlupfs hat man sich auf maximal 90 cm geeinigt, damit beispielsweise gestohlene PV-Module mit einem Meter Breite nicht durch den Durchschlupf nach außen geschoben werden kann, der Durchschlupf also nicht die Schwachstelle im Zaun darstellt.

 

Die Flächen können damit besonders wildfreundlich gestaltet werden, mit Büschen, Äsungs- und Deckungsflächen und können damit sogar ökologische Trittsteine für Arten werden, deren Lebensraum ansonsten angeschnitten worden wäre.

Aiwanger: „Wir bauen teure Wildbrücken, damit wildlebende Tiere stark befahrene Straßen wie Autobahnen oder Bundesstraßen überqueren können, aber bei PV-Freiflächen haben wir Zäune als gigantische Barrieren. Daher begrüße ich jede Idee, bei der Tier- und Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft und Energiewende optimal kombiniert wird. In Bayern werden täglich rund 2 ha an Flächen für PV-Freiflächen eingezäunt. Was bisher ein Problem für viele Wildtiere war, kann jetzt bei richtiger Gestaltung eine riesige Chance werden. Ich appelliere an Flächenbesitzer und Jäger, diese Chance zu ergreifen und schnellstmöglich solche Rehdurchschlupfe zu montieren. Ich freue mich auf die ersten Praktikerberichte und Verbesserungsvorschläge. Dadurch kann die Akzeptanz für den Zubau weiterer PV-Freiflächen verbessert werden. Ich will nicht, dass hier die Stimmung kippt. Ich hoffe dass diese Idee auch über Bayern hinaus Anwendung findet und werde mich dafür einsetzen.“

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