BrandenburgLandkreis Havelland

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember 2022

Integrationsbeauftragte und Sozialdezernent besuchen eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Nauen und packen im Betrieb mit an

Seit 1993 wird der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen begangen, um auf das Thema Leben mit Behinderung(en) sowie auf die Belange von Menschen mit Handicap aufmerksam zu machen und für Inklusion als eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe zu sensibilisieren. Ausgerufen wurde der Tag im Jahr 1992 von den Vereinten Nationen.

„Im Landkreis Havelland leben mit Stand zum 31. Dezember 2021 mehr als 19.000 Menschen, denen das Landesamt für Soziales und Versorgung die sogenannte Schwerbehinderung – dies bedeutet einen Grad der Behinderung von mindestens 50 – bescheinigt. Das entspricht rund 11% der Gesamtbevölkerung im Landkreis. Die meisten von ihnen haben körperliche Beeinträchtigungen, über die Hälfte ist älter als 65 Jahre“, berichtet die Integrationsbeauftragte des Landkreises Havelland, Noemi Pietruszka. Im Land Brandenburg liege der Anteil der schwerbehinderten Menschen bei beinahe 13%.

Tagtäglich setzen sich im Havelland verschiedene Akteurinnen und Akteure wie Selbsthilfegruppen, Fachberatungsstellen, Beiräte und Vereine sowie die Integrationsbeauftragte des Landkreises für mehr Inklusion ein.

Mit der Ratifizierung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) im Jahr 2009 durch den Bundestag und Bundesrat sind die in der Konvention formulierten Ziele zum geltenden Recht in Deutschland geworden. Diese umfassen Gleichberichtigung, Chancengleichheit und selbstbestimmte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen des öffentlichen Lebens: von der Ausbildung über die Teilhabe am Arbeitsleben, barrierefreie Mobilität, Freizeitgestaltung und vieles mehr, was zum täglichen Leben gehört und wo Menschen ohne Beeinträchtigungen oft keine Barrieren vermuten, aber Menschen mit Behinderungen häufig auf diese treffen.

Janny Armbruster, die Beauftragte des Landes Brandenburg für die Belange von Menschen mit Behinderungen hebt die Relevanz einer gesamtgesellschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Inklusion ausdrücklich hervor: „Menschen mit Behinderungen werden auch im Land Brandenburg in vielen Bereichen des Lebens immer noch benachteiligt. Ob im Bildungssystem oder auf dem Arbeitsmarkt, viele Vorbehalte und Barrieren verhindern eine gleichberechtigte Teilhabe. Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, an der alle Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen uneingeschränkt teilhaben können. Das können wir nur erreichen, wenn sich die ganze Gesellschaft mit dem Thema Inklusion noch viel intensiver auseinandersetzt.“

Und im Havelland? „Inklusion ist ein vielschichtiges Thema, das bei der Gestaltung und Verwaltung des öffentlichen Lebens stets in allen Bereichen mitgedacht werden muss. Mit meinen Anliegen renne ich nicht immer offene Türen ein. Umso wichtiger sind für meine Arbeit starke Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vor Ort, die mich in meinem Engagement für die Umsetzung in der Kommune der in der UN-BRK formulierten Ziele unterstützen“, konstatiert die Integrationsbeauftragte des Landkreises, Noemi Pietruszka.

Im Artikel 27 der UN-BRK wird das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt formuliert. Die seit den 1960er Jahren in der heutigen Form etablierten Werkstätten für Menschen mit Behinderungen werden zurecht dem in der UN-BRK formulierten Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes als diametral widersprechend kritisiert. Auf der anderen Seite gilt es, die Struktur der Werkstatt als sozialstaatliche Leistung zu würdigen, als sie damals mit dem Leitgedanken des integrativen Anspruchs eingerichtet worden waren. Doch mit der Ratifizierung der UN-BRK verpflichtete sich Deutschland, auf die Verwirklichung eines inklusiven Arbeitsmarktes aktiv hineinzuwirken und folglich das System Werkstatt schrittweise aufzuheben.

Am 25. November besuchte die Integrationsbeauftragte des Landkreises, Noemi Pietruszka, gemeinsam mit dem Beigeordneten und Dezernenten für Jugend, Soziales und Gesundheit Wolfgang Gall die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in der Trägerschaft von Fliedners Lafim-Diakonie am Standort Nauen.

Im Hygieneverpackungsbereich der Werkstatt probierten sich beide aus und verpackten gemeinsam mit den Beschäftigten die Bettschutzeinlagen, die im Gesundheitsbereich eingesetzt werden. „Die Atmosphäre in der Werkstatt ist sehr gut, Kolleginnen und Kollegen sind sehr freundlich und nett. Die Arbeit macht hier richtig Spaß“ – so beschreibt Alexandra ihre tägliche Arbeit in der Werkstatt. Das kann Noemi Pietruszka nur bestätigen: „Ich wurde sehr herzlich aufgenommen, die Beschäftigen erläuterten mir die Tätigkeit und gaben konstruktives Feedback zu meiner Arbeit und viele hilfreiche Tipps.“

 

 

Insgesamt verpacken 25 Kolleginnen und Kollegen 80 verschiedene Inkontinenz-Materialien unter der Gruppenleiterin Manuela Becker, die ihre Arbeit als Berufung sieht: „Ich liebe die Arbeit mit den Menschen. Ich könnte mir keinen schöneren Job vorstellen.“

Auch Sozialdezernent Wolfgang Gall war von der Arbeit in der Werkstatt tief beeindruckt: „Jede Arbeit verdient Anerkennung und ist wichtig. Jede und jeder trägt mit ihrer bzw. seiner Arbeit zum Gelingen unserer Gesellschaft bei.  Die Frauen und Männer leisten täglich in den Werkstätten Großartiges und tragen somit zu unser aller Wohl bei. Die Kolleginnen haben mir gezeigt, was zu tun ist und wir haben zusammen einen echt guten Job gemacht.“

Derzeit sind 560 Havelländerinnen und Havelländer im Arbeitsbereich der Werkstätte, überwiegend bei der Fliedners Lafim-Diakonie oder in den Rathenower Werkstätten, beschäftigt. Das Budget für Arbeit, das die Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt fördern soll, nehmen lediglich 12 Personen in Anspruch.

Schlussfolgernd stehen die Politik und die Gesellschaft vor einer Mammutaufgabe in Bezug auf Inklusion im Arbeitsleben. Im Havelland wurden dafür bereits erste Schritte getan.

Eine Fachberatungsstelle in Falkensee mit dem Berater Paul Knobba, anfänglich gefördert durch die Aktion Mensch, hat sich im Havelland und darüber hinaus etabliert. Die Fachberatung Betriebliche Inklusion berät, begleitet und betreut Menschen mit Behinderungen auf den Weg in den ersten Arbeitsmarkt. Natürlich steht Herr Knobba auch Unternehmern und Unternehmerrinnen beratend zur Seite.

Mehrere Informationen zu der Fachberatungsstelle finden Interessierte unter: https://lafim.de/einrichtung/falkensee-betriebliche-inklusion-havelland/.

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