BlaulichtPolizei

Landesstrategiekonferenz Politisch motivierte Kriminalität

Potsdam. Heute fand in Potsdam die jährliche Landesstrategiekonferenz zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK) unter der Leitung des Landeskriminalamtes Brandenburg statt. „Populismus auf dem Vormarsch – Demokratien unter Druck“ lautete der Titel, zu welchem Wissenschaftler gemeinsam mit Vertretern von Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz und Polizei diskutierten.

 

Michael Stübgen, Minister des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg:

„Bei der Landesstrategiekonferenz Politisch motivierte Kriminalität` geht es immer um Themen, die die Gesellschaft stark beeinflussen und somit auch einen großen Einfluss auf das Handeln der Sicherheitsbehörden haben. In diesem Jahr hätte es kein aktuelleres Thema gegeben: Populisten versuchen gerade ganz gezielt, die Ängste der Menschen für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Aufgabe der Politik wie auch der Zivilgesellschaft muss es sein, den demokratischen Diskurs aufrechtzuerhalten und dort zu widersprechen, wo es den Akteuren lediglich darum geht, vermeintlich einfache Lösungen zu präsentieren.  Denn nur so können wir verhindern, dass radikale und extremistische Strömungen noch mehr Zulauf gewinnen.“

 

Oliver Stepien, Polizeipräsident des Landes Brandenburg:

„Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die Corona-Pandemie und der Klimawandel mit seinen Folgen – weltweit geraten Demokratien in der Folge globaler, langandauernder und tiefgreifender Krisen spürbar unter Druck. Populisten scheinen in Europa und der Welt auf dem Vormarsch. Polarisierung als politisches Prinzip und gesellschaftliche Spaltungstendenzen gefährden den inneren Zusammenhalt. Der gemeinsame Austausch zu den daraus zu erwartenden Auswirkungen auf die künftige Arbeit der Polizei im Land Brandenburg, war heute wichtig und aktueller denn je.“

 

Krisen formen Populismus

Auch 2022 stiegen die Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität weiter an.

Ein Plus von 1.093 Fällen gegenüber dem Vorjahr (Vergleichszeitraum jeweils bis 15.10. des Jahres) ergibt eine deutliche Steigerung von 47%.

 

Insgesamt stellt Olaf Berlin, Leitender Kriminaldirektor und Leiter der Abteilung Staatsschutz im LKA Brandenburg fest, dass sich die verschiedenen Aktionen, bzw. Straftaten bei den Hauptthemen der „Covid-19“- Proteste und auch im Zusammenhang mit der „Querdenken“- Bewegung mannigfaltig darstellen.

Die Instrumentalisierung der aktuellen Lage für eigene Agitationszwecke ist Bestrebung gerade für Wirkende der rechten Szene. Zielsetzung sei dabei, den Anschluss an zivil- demokratische Bevölkerungsschichten herzustellen, um sich einen öffentlichen Resonanzraum im eigenen politischen Sinn zu erschließen.

 

Das Straftatenaufkommen im Zusammenhang mit der Corona- Pandemie (1.419 Fälle) stellt die Hauptursache für den Anstieg dar. Die staatlichen „Covid-19“-Schutzmaßnahmen sind nach wie vor ein beherrschendes Thema in der öffentlichen Wahrnehmung. Das damit einhergehende Versammlungs-/Protestgeschehen ist in den vergangenen Monaten, in Abhängigkeit unter anderem zu Lockerungen oder Verschärfungen von Schutzmaßnahmen, ständigen Veränderungen unterworfen gewesen.

Anteilig 95,4% (1.353 Fälle) waren demnach Straftaten, welche im Zusammenhang mit Corona-Versammlungen bzw. diesbezüglichen Protestaktionen erfasst wurden.

 

Jedoch kann auch abseits der Corona Pandemie eine größere Protestbewegung aus der ursprünglich bürgerlichen Mitte beobachtet werden, welche ihren Unmut in Versammlungen bekunden. Im Rahmen dessen werden vermehrt politisch motivierte Straftaten wie z.B. Widerstandsdelikte, Versammlungsverstöße und Beleidigungen begangen. Dieses betrifft Themen wie den Ukraine Krieg, die Energiekrise, die Inflation und andere aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklungen. Die Themen der Protestbewegungen sind gesamtgesellschaftlich zu sehen und können nicht mehr nur extremistischen Randgruppen (rechts, links) zugeordnet werden.

Die Verteidigung der Demokratie erfordert mehr Demokratie

 

Der Referent der Landesstrategiekonferenz Prof. Dr. Michael Zürn vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung: „Diese Krisen fungieren wie eine Lupe: Sie machen die Veränderungen der politischen Prozesse in Demokratien deutlicher sichtbar – das ist der Lupeneffekt. In Krisenzeiten werden wesentliche Entscheidungen nicht mehr von gewählten Parlamenten, sondern von anderen politischen Institutionen getroffen. Dabei erweisen sich die Krisen nicht nur als »Stunden der Exekutive«, sondern vor allem auch als eine Stunde der Experten.“

 

Weitere wichtige Erkenntnisse wurden im Rahmen von Vorträgen durch den Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Land Brandenburg, Herrn Jörg Müller sowie durch den Vizepräsidenten der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg, Herrn Dr. Jochen Christe-Zeyse, vermittelt.

Kommentar verfassen