Uncategorized

Sozialministerin Nonnemacher warnt vor deutlich steigenden Kosten für Pflegebedürftige: Bund muss Pflegeversicherung dringend reformieren

Ab September Bezahlung von Pflegekräften mindestens in Tarifhöhe

Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher fordert die Bundesregierung auf, die Pflegeversicherung zeitnah zu reformieren. Angesichts deutlich steigender Pflegekosten müsse der Eigenanteil, den Bewohnerinnen und Bewohner in einem Pflegeheim zahlen müssen, endlich gedeckelt werden.

Ab dem 1. September 2022 müssen bundesweit alle Pflege- und Betreuungskräfte in Pflegeeinrichtungen mindestens in Tarifhöhe bezahlt werden; andernfalls dürfen Pflegekassen mit ihnen keine Versorgungsverträge abschließen. Das gilt auch für Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge gebunden sind. Das bestimmt das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung. Für viele Beschäftigte bei nicht tarifgebundenen Einrichtungen und Pflegediensten bedeutet das eine erhebliche Lohnsteigerung. Eine gute und angemessene Bezahlung ist wichtig, um die Attraktivität der Pflegeberufe und damit die Fachkräftesicherung zu verbessern. Mit der Lohnanpassung steigen aber auch die Kosten für Pflegebedürftige zum Teil deutlich.

Sozialministerin Nonnemacher erklärte dazu heute in Potsdam: „Beschäftigte in der Pflege verdienen eine gute Bezahlung. Sie leisten mit ihrer Arbeit einen enorm wichtigen Beitrag für die ganze Gesellschaft. Wir müssen noch viel mehr Menschen für diesen Beruf gewinnen und die bereits vorhandenen Pflegekräfte halten, da die Zahl der Pflegebedürftigen angesichts der demografischen Entwicklung weiter steigen wird. Die Fachkräftesicherung in der Pflege gelingt nur mit attraktiven Verdienstmöglichkeiten und guten Arbeitsbedingungen. Deshalb sind Lohnerhöhungen richtig und wichtig.“

Auf der anderen Seite dürfe Pflege aber nicht zu einem Armutsrisiko werden. „Ein Platz im Pflegeheim oder eine bedarfsgerechte ambulante Pflege dürfen nicht vom Geldbeutel abhängen. Gute Pflege muss für jede und jeden Menschen möglich sein. Brandenburg fordert deshalb bereits seit Jahren vom Bund, den Eigenanteil an den Pflegekosten zu deckeln und die Pflegeversicherung entsprechend zu reformieren. Seit Januar 2022 gibt es zwar je nach Aufenthaltsdauer im Pflegeheim höhere Zuschüsse für den zu zahlenden Eigenanteil. Wir sehen aber, dass die Pflegekosten nicht nur durch Lohnsteigerungen, sondern auch durch steigende Energie- und Lebensmittelpreise in die Höhe schnellen. Viele Menschen kommen finanziell in große Schwierigkeiten und machen sich Sorgen. Deshalb fordere ich mit Nachdruck von der Bundesregierung eine zügige Umsetzung der im Koalitionsvertrag des Bundes vereinbarten Reform der Pflegeversicherung. Nur so kann eine spürbare finanzielle Entlastung der Pflegebedürftigen erreicht werden“, so Nonnemacher.

Die Pflegeversicherung ist eine Teilkasko-Versicherung, die nach dem SGB XI nur einen Teil der anfallenden Kosten übernimmt. Sie trägt die pflegebedingten Kosten bis zu einer gedeckelten Höhe, die Pflegebedürftigen zahlen Unterkunft und Verpflegung, den Investitionskostenanteil sowie die verbliebenden pflegebedingten Kosten. Steigen die Kosten, müssen die Betroffenen die zusätzliche Last tragen.

„Das müssen wir umdrehen. Betroffene sollen als Eigenanteil einen festen Sockelbetrag zahlen, der dann durch die Pflegeversicherung bis zum individuell benötigten Leistungsumfang aufgestockt wird. Damit wäre der Eigenanteil der Pflegebedürftigen gedeckelt, und Kostensteigerungen würden grundsätzlich von der Pflegeversicherung getragen. Für die entstehenden Mehrkosten muss die Pflegeversicherung finanziell besser ausgestattet werden“, fordert Nonnemacher. Brandenburg hatte bereits im Jahr 2018 zu diesem sogenannten „Sockel-Spitze-Tausch“ eine Initiative in den Bundesrat eingebacht und verfolgt dieses Ziel weiter.

Hintergrund

Im Jahr 2021 hat der Bundestag eine Pflegereform verabschiedet, die eine schrittweise Verringerung der Eigenanteile für vollstationäre Pflegeleistungen beinhaltet. So wird seit dem 1. Januar 2022 ein mit der Aufenthaltsdauer in einer Pflegeeinrichtung ansteigender Zuschuss aus der Pflegeversicherung gewährt: Je länger die Aufenthaltsdauer im Pflegeheim ist, desto höher ist der sogenannte Leistungszuschlag und desto geringer ist der Eigenanteil. Im ersten Jahr beträgt dieser fünf Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent. Pflegeheimbewohner und -bewohnerinnen, die länger als drei Jahre im Pflegeheim leben, bekommen dann einen Zuschlag von 70 Prozent auf den Eigenanteil.

Betroffene, die den Eigenanteil an den Pflegekosten nicht selbst aufbringen können, können einen Antrag auf Sozialhilfe in Form von „Hilfe zur Pflege“ beim zuständigen Sozialamt stellen. Das Sozialamt übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für die Pflege, wenn nicht genügend eigene finanzielle Mittel vorhanden sind.

Umfassende Informationen und kompetente Beratung für Pflegebedürftige und Angehörige bieten die Pflegestützpunkte an (https://pflegestuetzpunkte-brandenburg.de/). Zertifizierte Pflege- und Sozialberaterinnen und -berater arbeiten hier unter einem Dach Hand in Hand. Hier finden Pflegebedürftige und von Pflegebedürftigkeit bedrohte Menschen, ihre Angehörigen und alle Interessierten schnelle und unkomplizierte Hilfe u.a. zu Fragen über Finanzierungsmöglichkeiten.