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Was der Kohleausstieg 2030 für Mönchengladbach bedeutet

Der frühere Ausstieg aus der Braunkohle bringt auch für Mönchengladbach Veränderungen mit sich. Worauf es aus Sicht der Stadt jetzt ankommt.
2030 soll Schluss sein mit der Verstromung von Braunkohle. Ein Reservebetrieb ist – falls für die Energieversorgung notwendig – bis maximal 2033 möglich. So haben es der Bund und die Länder in ihrer Vereinbarung zum vorgezogenen Kohleausstieg festgelegt. Damit ist auch klar, dass der Tagebau Garzweiler II deutlich kleiner ausfällt als bislang geplant. Die Auswirkungen der Entscheidung sind vielfältig. Sie betreffen zum Beispiel die Ausdehnung des späteren Restsees, die Wasserversorgung für Trinkwasser und Brauchwasser, aber auch von Flüssen und Auen in Mönchengladbach. Nicht zuletzt verändert sich die Gestalt der Tagebaufolgelandschaft. Jetzt hat die Stadt in den politischen Fachausschüssen darüber informiert, welche Punkte aus kommunaler Sicht besonders wichtig sind und wie diese gegenüber dem Land eingebracht werden sollen. Das Land befindet sich gerade im Verfahren zur fünften Leitentscheidung zu Garzweiler II.
Im Vergleich zu den Planungen der 80er Jahre ist es bereits die vierte Verkleinerung für den nördlichsten Tagebau im Rheinischen Revier. Das bedeutet konkret, dass der sogenannte dritte Umsiedlungsabschnitt erhalten bleibt. Dazu zählen die Erkelenzer Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unterwestrich, Oberwestrich und Berverath. Gleichzeitig wird ein 400-Meter-Abstand der Tagebaukante zu den verbleibenden Ortschaften eingehalten. Diese Entwicklung entspricht einer seit langem gestellten Forderung der Stadt Mönchengladbach, von der auch der Ortsteil Wanlo profitiert.
Ebenfalls im Sinne der Stadt ist, dass ein deutlich kleinerer Abschnitt auf Mönchengladbacher Stadtgebiet abgebaggert wird. Mit noch ca. 85 Hektar (850.000 m²) fällt das Abbaugebiet in der Vitusstadt um etwa 45 Prozent kleiner aus. Das Mönchengladbacher Restseeufer östlich des Autobahnkreuzes Wanlo hingegen wird mit rund 2 Kilometern länger sein als vor der Tagebauverkleinerung. Weil im Bereich von Garzweiler II weniger abgebaggert wird, steht auch weniger Abraum zur Verfügung, um den ausgekohlten Tagebau Garzweiler I zu verfüllen. Der Standort des Restsees verlagert sich dadurch ein Stück und liegt zu deutlich größeren Anteilen auf Mönchengladbacher Stadtgebiet als bei den vorherigen Planungen.
Verfüllung, Rekultivierung und Wassermanagement sind zentrale Themen
„Mit der Verkleinerung des Tagebaus wurden eine ganze Reihe von Punkten erfüllt, für die wir uns als Stadt Mönchengladbach seit Jahren und Jahrzehnten einsetzen. Jetzt geht es darum, auch den verkleinerten Tagebau geordnet zu Ende zu bringen und klar zu machen, was für die Stadt Mönchengladbach und die Region wichtig ist.“, sagt Stadtdirektor und Technischer Beigeordneter Dr. Gregor Bonin. Dazu zählen beispielsweise, dass die späteren Uferböschungen standsicher hergestellt werden. Außerdem muss zur Verfüllung der Jüchener Kippe ausreichend gekalkter Abraum verwendet werden, damit die Böden und als Folge das Grundwasser nicht versauern. Und die Tagebaufolgekosten müssen durch finanzielle Zusagen von Land und Bund abgesichert werden. Aber auch wasserwirtschaftliche Fragen treiben die Stadtverwaltung um.
So sind die natürlich sprudelnden Quellen der Niers durch die vom Tagebau verursachte Grundwasserabsenkung schon lange versiegt. Ersatzwasserlieferungen von RWE erhalten seitdem das Fließgewässer und wichtige Feuchtbiotope wie Auen und Sumpflandschaften. Später soll der entstehende Restsee die Hauptquelle der Niers werden. Mit dem nun in Aussicht gestellten Erhalt von Kuckum und Keyenberg wird auch das natürliche Quellgebiet der Niers bestehen bleiben. Durch die Verlagerung des Sees muss nun allerdings eine Trasse geschaffen werden, über die das Wasser künftig möglichst nah am ehemaligen Quellbereich anschließt und so frei fließend in den Fluss gelangt. Die Regelungen hierfür werden in einem gesonderten Braunkohlenplan getroffen.
Für die Befüllung des Sees sind rund 40 Jahre angesetzt. Das Wasser dafür soll – ebenso wie für den Restsee am Tagebau Hambach – aus dem Rhein entnommen und über eine Hochleistungspipeline eingeleitet werden. Wie viel Wasser dem Rhein entnommen wird, soll dabei von dessen Wasserstand abhängen, um den ökologischen und ökonomischen Ansprüchen an den Rhein gerecht zu werden. Auch auf zunehmende Dürreperioden wird so Rücksicht genommen. „Hat der Rhein Niedrigwasser, wird nur noch so viel Wasser entnommen, dass der Wasserstand des Flusses um 4 Millimeter sinkt“, erklärt André Rusman aus dem Fachbereich Umwelt. „Das ist in etwa die halbe Breite der Kuppe meines kleinen Fingers.“ Auch bei höheren Pegelständen soll nicht mehr als ein Prozent des Rheinwassers entnommen, um die Tagebaue zu befüllen. Der Wasserstand des Rheins würde dadurch um höchstens 2,4 cm sinken.
So bringt sich Mönchengladbach in die Ausstiegs-Planung ein
Das vorgezogene Aus für die Braunkohle erfordert in vielen Planungs- und Genehmigungsbereichen Fortschritte im Eiltempo. Für den Ausbau der Erneuerbaren Energien oder die Förderung von Strukturwandel-Projekten wird deshalb derzeit an unbürokratischeren und damit schnelleren Verfahren gearbeitet. Auch die neue Leitentscheidung Garzweiler II des Landes, die für die Verkleinerung des Tagebaus erforderlich ist, wird derzeit im beschleunigten Verfahren durch das Wirtschaftsministerium erarbeitet. Im Gegensatz zu den früheren Leitentscheidungen wird es im Vorfeld keine Offenlage geben. Stattdessen finden Fachgespräche statt, an denen die Stadt Mönchengladbach teilnimmt. Im Frühjahr ist durch die Landesregierung eine Öffentlichkeitsveranstaltung geplant. Bis dahin kann man seine Anregungen an die Kontaktadresse des Wirtschaftsministeriums mitteilen: leitentscheidung@mwike.nrw.de. Verabschiedet werden soll die Leitentscheidung im Juni 2023 durch die Landesplanungsbehörde.

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