„Weltspiegel“ am Sonntag, 8. September 2024, um 18:30 Uhr vom BR im Ersten
Geplante Themen:
USA: San Francisco im freien Fall
Golden Gate Bridge, Cable Cars und Alcatraz: San Francisco ist ein Sehnsuchtsort für Millionen von Touristen. Doch das Postkartenidyll täuscht: Die einstige Hochburg der Hippies kämpft mit einer Abwärtsspirale aus sozialer Spaltung, Obdachlosigkeit und Drogensucht. Der High-Tech-Boom im benachbarten Silicon Valley hat hunderttausende neue Jobs geschaffen und die Mieten in astronomische Höhen schnellen lassen. Die Folge: Nirgendwo in den USA sind mehr Menschen wohnungslos als in der Golden City. Besonders sichtbar sind Elend und Verwahrlosung im berühmt-berüchtigten Viertel Tenderloin, dem Epizentrum der Fentanyl-Krise an Amerikas Westküste. Hier will die Stadt jetzt durchgreifen – mit drakonischen Maßnahmen. Und kein Tag vergeht, an dem Donald Trump nicht Kamala Harris persönlich für den Niedergang der einstigen Traumstadt verantwortlich macht. Immerhin war die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten hier acht Jahre lang als Bezirksstaatsanwältin für Sicherheit und Ordnung zuständig. (Autor: Torben Börgers, ARD Washington D.C.)
Russland: Anwalt einer verlorenen Sache?
Michail Brujkow ist einer der wenigen, der diesen Job noch übernimmt. Der Anwalt verteidigt politische Gefangene in Russland vor Gericht. Seine Erfolgschancen sind gering. Die Prozesse scheinen oft absurd. Und er weiß, dass auch Anwälte selbst gefährlich leben und sehr schnell ebenfalls in den Fokus der russischen Strafverfolgung geraten können. Anwälte von Alexej Nawalny sitzen längst selbst hinter Gittern. Warum Michail Brujkow trotzdem immer weitermacht, seinen Job nicht aufgibt, hat er Ina Ruck in Moskau erzählt. (Autorin: Ina Ruck, ARD Moskau)
Ukraine: Frust an der Ostfront
Die russischen Truppen rücken immer näher heran an die Stadt Pokrowsk im Osten der Ukraine. Lange haben Serhii und seine Frau Oksana gehofft, dass Russland einen Teil seiner Streitkräfte hier an der Ostfront abziehen wird nach Kursk, um sich dort gegen die Ukraine zu verteidigen, doch das ist leider nicht passiert. Schon bald könnten russische Soldaten ihre Heimatstadt einnehmen, fürchten sie. Dass die ukrainischen Streitkräfte jetzt in Kursk aktiv sind, sehen sie mit gemischten Gefühlen. Immerhin muss Pokrowsk, eine der wenigen Städte, die im Oblast Donezk noch in ukrainischer Hand sind, jetzt evakuiert werden. Und so hat Oksana ihr Leben Stück für Stück in Kisten gepackt und mit der kürzlich als weltweit besten Post ausgezeichneten „Nova Poshta“ verschickt. Oksana hat mit ihrem jüngsten Sohn den täglichen Evakuierungszug genommen und will in Odessa ein neues Leben anfangen. Serhii wird nachkommen – noch verdient er in der Zeche gutes Geld, auf das die Familie angewiesen ist. Er wird so lange bleiben, bis die Russen wirklich kommen. (Autorin: Birgit Virnich, ARD Kyjiw)
Marokko / Libyen: Wiederaufbau nach Erdbeben und Flut
Nordafrika, im vergangenen September: innerhalb von zwei Tagen zwei Naturkatastrophen. In Marokko bebte im Atlasgebirge die Erde – fast 3.000 Menschen starben, hunderttausende wurden obdachlos. In Libyen brachen in den Bergen nahe der Hafenstadt Darna nach heftigen Regenfällen Dämme – und spülten einen Großteil der Stadt ins Meer. Mindestens 14.000 Menschen starben. Kristina Böker ist nach Marokko gereist, in die entlegenen, zerstörten Dörfer, in die kurz nach den Erdbeben kaum Hilfstrupps durchkamen. Bis heute leben die Menschen im marokkanischen Gebirge noch in Zelten. Viele Familien haben eine erste Zahlung von umgerechnet 2.000 Euro von der Regierung für den Wiederaufbau ihrer Häuser bekommen – doch der Betrag ist viel zu niedrig, der Aufbau läuft schleppend. Anders in Darna – im ölreichen Libyen ist Geld für den Wiederaufbau vorhanden und viele Häuser stehen wieder. Und doch erlebt Ramin Sina vor Ort: Viele Einwohner sind bis heute traumatisiert, sicher fühlen sie sich in ihrem Land nicht. Die lokale Regierung habe vor einem Jahr fahrlässig gehandelt und die Einwohner nicht rechtzeitig vor einem möglichen Dammbruch gewarnt, so der Vorwurf. Schuld für die vermeidbare Katastrophe wolle keiner übernehmen. (Autoren: Kristina Böker, ARD Madrid und Ramin Sina, ARD Kairo)
Albanien: Tourismus gegen Umweltschutz?
Der Wildfluss Shushica in Albanien gehört zum ersten Wildfluss-Nationalpark Europas und ist streng geschützt. Doch jetzt ist die Shushica bedroht, weil ihr Wasser für Touristen an der Küste abgeleitet werden soll. Die Menschen am Fluss befürchten, dass für sie kein Trinkwasser mehr übrig bleiben könnte. Wegen des Klimawandels ist schon jetzt der Wasserstand des Flusses deutlich zurückgegangen. Bedroht ist die Umwelt auch an der Küste. Experten wie der Biologe Aleko Miho von der Universität Tirana sorgen sich wegen geplanter Luxusressorts vor allem um die Narta-Lagune. Das Ökosystem gilt wegen seiner Pelikan- und Flamingo-Kolonien als eines der wertvollsten im ganzen Mittelmeerraum. (Autor: Nikolaus Neumaier, ARD Wien)
Montenegro: Erster Strand für Hijab-Trägerinnen an der Adria
In Montenegro gibt es den ersten Strandabschnitt an der Adria, der nur für Frauen im Hijab reserviert ist. Muslimische Frauen können sich dort, geschützt vor den Blicken von außen, hinter einem Strohzaun entkleiden und sonnen. Der spezielle Hijab-Strand liegt auf einem der längsten Sandstrände der Adria und reicht mit einer Länge von 13 Kilometern von der montenegrinischen Stadt Ulcinj bis nach Albanien und lässt keinen Wunsch offen. Es gibt einen Hundestrand, einen für Kite-Surfer, einen FKK-Strand, einen reinen Frauenstrand und nun eben den Bereich für Frauen im Hijab. Die Mehrheit der Einwohner der als sehr liberal geltenden Kleinstadt Ulcinj sind ethnische Albaner, fast 72 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum muslimischen Glauben. Und trotzdem polarisiert das Thema Kopftuch auch hier. Während der neue Strandabschnitt von muslimischen Touristinnen gut angenommen wird, regt sich nun auch Kritik von Menschen, die sich vor Extremismus fürchten. (Autorin: Anna Tillack, ARD Wien)
Redaktion: Judith Schacht (BR)