Blaulicht

Oxfam Deutschland: Führungskräfte bevorzugt? Tarifverhandlungen unterbrochen

Aufsichtsrat verlangt Neuverhandlungen bereits geeinter Ergebnisse // Tarifkommission wehrt sich gegen Besserstellung von Vorgesetzten
Die Verhandlungen über einen Haustarifvertrag zwischen der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam Deutschland und der Gewerkschaft ver.di sind am vergangenen Mittwoch arbeitgeberseitig zunächst auf unbestimmte Zeit unterbrochen worden. Hintergrund ist eine Intervention des Aufsichtsrats von Oxfam während der jüngsten Sitzungen des Gremiums im Vorfeld der siebten Verhandlung zu einer ursprünglich für diesen Termin geplanten Gesamteinigung. Nachdem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite im Mai unter beiderseitigen Bauchschmerzen einen Kompromiss über eine Vergütungstabelle erzielt hatten, hat der Aufsichtsrat den Vorstand nun jedoch offenbar angewiesen, die Tabelle am 12. Juni neu zu verhandeln. In erster Linie sollten die Gehälter in den oberen Gehaltsgruppen und die Führungskräftezulagen steigen sowie die Schwellen für höhere Führungskräftezulagen sinken. Das Gegenangebot von ver.di, die geplanten Steigerungen auf alle Gehaltsgruppen auszudehnen, wurde arbeitgeberseitig abgelehnt.
Helge Biering, ver.di-Gewerkschaftssekretär, kommentiert: „Zum Erfolg von Oxfam tragen alle bei, nicht nur Team- und Bereichsleiter*innen. Deswegen sollten auch alle Beschäftigten Zuwächse bei ihrem Gehalt erleben. Es geht nicht an, dass Wertschätzung sich bei manchen in Euro niederschlägt und bei anderen nur in einem feuchten Händedruck“.
Die Arbeitgeberseite trägt vor, in höheren Gehaltsgruppen müsse man marktfähige Gehälter zahlen, in niedrigeren dagegen könne man den Sprungbrett-Effekt einrechnen, den es bringe, für eine international bekannte und renommierte Organisation wie Oxfam gearbeitet zu haben.
Nicolai Pfaff, studentischer Mitarbeiter bei Oxfam und Mitglied der Tarifkommission, dazu: „Wir haben mittlerweile sieben Verhandlungen hinter uns, in denen wir als Tarifkommission fair und mit Augenmaß versucht haben, das Mandat unserer Kolleg*innen bestmöglich zu vertreten. Dass der Vorstand nun erneut versucht, eine weitere Spreizung zwischen den unteren und oberen Gehaltsgruppen zu erzwingen, lässt bei uns Zweifel aufkommen, ob Vorstand und Aufsichtsräte Oxfams Kampf gegen Ungleichheit in der Welt auch innerhalb der eigenen Organisation verwirklicht sehen wollen.“
Unter den Mitarbeiter*innen von Oxfam Deutschland ist die Aussetzung der Verhandlungen mit Frustration und großem Unverständnis aufgenommen worden. Innerhalb der ver.di-Betriebsgruppe finden derzeit Konsultationen über angemessene Reaktionen statt. Warnstreiks stehen im Raum, aber auch andere Protestarten werden erörtert. Helge Biering: „Die Mitarbeiter*innen von Oxfam sind erfahren darin, ihre politischen Anliegen plakativ zu vermitteln. Ich glaube fest, dass ihnen das auch in eigener Sache gelingt.“

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