Potsdam

Die Wissende, die Hoffende und die Liebende über dem Alten Markt

Die drei Grazien schwebten am Donnerstag aufs Dach Am Alten Markt 3

Die drei Grazien blicken endlich wieder auf den Alten Markt herab. Heute wurden die Figuren vorsichtig auf das Dach des Eckhauses am Alten Markt 3 gehoben, das von der Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 eG aktuell nach historischem Vorbild errichtet wird.

Das Bildhauer-Ehepaar Stefan und Marie-Josefin Zimmermann, das die Figuren in schönstem weißen Cottaer Sandstein gehauen hat, legte vor dem Aufstieg auf das Dach noch einmal behutsam Hand an für den letzten Feinschliff. Um 10:35 Uhr war es dann so weit: Die erste Figur, die Wissende, schwebte in die Höhe, um anschließend in der Mitte des Giebels montiert zu werden. Die Montage der Figuren erfolgte durch das Künstlerpaar und Fachleute von der Sächsischen Sandsteinwerke GmbH. Gegen Mittag hatten alle Figuren ihren Platz gefunden. Der Aufstieg der Figuren wurde von dutzenden Interessierten vom Alten Markt aus verfolgt.

Die im April 1945 zerstörten Originale wurden vom Bildhauer Benjamin Giese (1705–1755) gefertigt. Er schuf bürgerliche Figuren, das heißt, er verzichtete auf typische Symbole und Attribute, die eindeutige Bezüge zur antiken Mythologie oder zu anderen Darstellungen in der historischen Ikonographie herstellen. In den historischen Quellen sind die Figuren ohne Titel überliefert. Ihre Deutung lässt somit Spielraum für eigene und neuzeitliche Interpretationen. Diesen wollte die PWG 1956 eG nicht ungenutzt lassen und hat den Figuren Namen gegeben und deren Bedeutung definiert.

Demnach trägt die Figur ganz links den Namen „Die Liebende“. In der Erläuterung der Genossenschaft heißt es: „Die Figur verkörpert die Achtung vor allen Menschen, gleich welchen Geschlechts und welchen Alters, welcher Religion, Lebensform, Ethnie und Nationalität. Sie steht für ein achtsames Zusammenleben und ein friedvolles Gemeinwesen.“ Zur Begründung führte Matthias Pludra, Vorstand der PWG 1956 eG, aus: „Wir haben diesen Namen in Gedanken an die weltweit 120 Millionen Menschen gewählt, die aktuell auf der Flucht sind. Möge die Welt den Menschen überall und immer ein sicherer Ort und eine sichere Heimat sein.“

 

„Die Wissende“ ist der Name der Figur in der Mitte. „Die Figur“, so die Beschreibung der PWG 1956, „verkörpert den Respekt vor dem Leben und der Natur, vor den Kulturen unserer Welt und deren Vielfalt. Sie steht für unsere Demut gegenüber unserer Geschichte und der historischen Verantwortung unseres Volkes.“ Vorstand Pludra zur Namenswahl: „Wir verbinden damit den Wunsch, dass es der Menschheit gelingen möge, die globalen Krisen, insbesondere den Klimawandel, zu bewältigen und den Lauf der Welt in eine gute Richtung zu lenken.“

Die rechts auf dem Dach stehende Figur hat von der PWG 1956 den Namen „Die Hoffende“ erhalten. Die Genossenschaft erklärt dazu: „Die Figur verkörpert die Hoffnung auf Frieden in Deutschland, bei unseren Nachbarn und in der ganzen Welt. Sie steht für den Wunsch nach Glück, Wohlstand und Freiheit für alle Menschen auf dieser Welt.“ Die Genossenschaft verbindet die Namensgebung mit der Hoffnung auf eine schnelle Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine und aller anderen Kriege in der Welt.

Vorstand Matthias Pludra: „Wir legen in die Wahl der Namen und deren Deutung genau jene Werte, die uns als Genossenschaft tragen: Solidarität, Verantwortung für die kommenden Generationen, Selbstbestimmung. Unser sozialer Auftrag treibt uns an. Insofern sind es genossenschaftliche wie auch universelle Botschaften, die die Liebende, die Hoffende und die Wissende vom Alten Markt aus in die Welt senden.“

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