BrandenburgLandkreis Potsdam-Mittelmark

Erinnerung an Bombenabwurf am 10. Juni 1944

In der Nacht zum 10. Juni 1944 sind durch eine Luftmine 25 Menschen in Werder (Havel) ums Leben gekommen. Der Heimatvereinsvorsitzende Erhard Schulz Werder (Havel) hat die damaligen Geschehnisse mit dem Zeitzeugen Rudi Sperling (91) rekonstruieren können. 80 Jahre nach dem Bombenabwurf gedachten Mitglieder des Heimatvereins und Gäste mit Rudi Sperling, Pfarrerin Linda Jünger und Bürgermeisterin Manuela Saß am Montag am Denkmal „Den Opfern von Krieg und Gewalt“ auf dem Alten Friedhof der Toten.
_Foto_Sammlung Erhard Schulz
Auf dem Rückweg von einem Luftangriff auf Berlin hatten zum Ende des 2. Weltkriegs englische Bomber Werder überquert, berichtete Karin Watzke vom Heimatverein aus den Recherchen: „Eines der Flugzeuge hatte eine 1000-kg-Luftmine nicht über Berlin ausgeklinkt, sondern gegen 2 Uhr in der Nacht über Werder. Sie schlug auf dem Markt der Inselstadt zwischen den Häusern 11 und 12 ein.“
Luftschutzkeller bot kaum Schutz
Es hatte einen Voralarm gegeben, die Bewohner der Stadt waren in die gemeinschaftlichen Luftschutzkeller geeilt. Rudi Sperling bewohnte die Hausnummer 11, in alter Nummerierung die Nummer 6. „Für das Grundstück gab es zwei Luftschutzkeller“, erinnerte sich Rudi Sperling. Für die Bewohner des Vorderhauses wurde ein ehemaliger Weinkeller mit Gewölbedecke genutzt. Im Hinterhaus gab es schlechtere Überlebenschancen: Dessen Luftschutzkeller in einem Seitenflügel lag zu 80 Prozent oberirdisch.
Durch die Detonation der Bombe fiel das Gebäude über diesem „Luftschutzkeller“ in sich zusammen. 25 Bewohner fanden unter den Trümmern den Tod. Die Geschwister Helga und Rudi Sperling, damals 9 und 11 Jahre alt, wurden zwar verschüttet, konnten aber noch schreien und wurden von einem Nachbarn gerettet. Ihre Eltern Willi und Margarethe Sperling verloren sie in dieser Nacht. Die meisten Bombenopfer wurden auf einem gemeinsamen Gräberfeld auf dem Neuen Friedhof in der Kemnitzer Straße beigesetzt.
Rudi Sperling berichtet in den „Heimatgeschichtlichen Beiträgen 2024/25″ über das Erlebte. Auch die Namen der Toten sind in den Heimatgeschichtlichen Beiträgen veröffentlicht, sie wurden bei der Gedenkveranstaltung verlesen. 21 von ihnen waren Frauen und Kinder, oft aus derselben Familie. Erstmals hatte der Heimatforscher Balthasar Otto (1934-2004) im Jahr 2001 in einem Zeitungsartikel über diesen Bombenabwurf berichtet.
Bürgermeisterin: Schrecken des Krieges hat viele Gesichter
Bürgermeisterin Manuela Saß trug bei der Gedenkveranstaltung Bertolt Brechts „Bitten der Kinder“ vor. „Die Häuser sollen nicht brennen. Bomber sollt man nicht kennen.“ Das Gedicht von 1951 habe seine Gültigkeit nicht verloren. „Die Zeit der Naziherrschaft, der Verfolgung und des Krieges haben zwischen 1933 und 1945 Millionen unschuldige Opfer gefordert. Auch in Werder (Havel) hat diese Zeit tiefe Narben hinterlassen.“
Der von Deutschland in die Welt getragene Schrecken des Krieges sei nach Deutschland zurückgekehrt. Auch wenn Werder (Havel) kein direktes Angriffsziel der alliierten Luftangriffe gewesen sei, so seien doch zum Kriegsende auch hier fünf Bomben eingeschlagen. Die Bürgermeisterin bedankte sich beim Heimatverein dafür, die Erinnerung daran wachzuhalten.
„Der Schrecken des Krieges hat viele Gesichter“, so Manuela Saß weiter. „An die Opfer des Bombenabwurfs am 10. Juni 1944 in unserer Stadt zu erinnern bedeutet, an die schrecklichen Folgen der Nazi-Ideologie zu erinnern. Es bedeutet, der Toten und des Leids auf allen Seiten zu gedenken.“
Die Gedenkveranstaltung, an der rund 25 Menschen, darunter die Werderaner Ehrenbürger Werner Große und Dr. Baldur Martin, teilgenommen haben, wurde mit einem Glockengeläut der Heilig-Geist-Kirche abgeschlossen.

Kommentar verfassen