Potsdam

Nach positiven Abschlüssen in den Vorjahren wird für den Haushalt 2022 ein negativer Abschluss von minus 34 Millionen Euro erwartet

Während die Jahresabschlüsse 2020 und 2021 der Landeshauptstadt Potsdam durch Sonder- und Einmaleffekte hohe Überschüsse aufweisen, folgt 2022 eine Trendumkehr

#Potsdam – Oberbürgermeister Mike Schubert und Bürgermeister Burkhard Exner bringen am 6. Dezember 2023 die beiden Jahresabschlüsse 2020 und 2021 in die Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung ein. Das Rechnungsprüfungsamt hat die beiden Jahresabschlüsse geprüft und empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung den Beschluss sowie die Entlastung des Oberbürgermeisters.

Mit den Jahren 2020 und 2021 legt die Landeshauptstadt Potsdam sehr positive Jahresergebnisse vor, wobei insbesondere das Jahresergebnis 2020 mit einem Jahresüberschuss von 88,4 Mio. Euro deutlich herausragt. Für 2021 konnte ein Gesamtergebnis in Höhe von 36,1 Mio. Euro erreicht werden. Dem gegenüber steht ein für 2022 prognostizierter Verlust von derzeit etwa 34 Mio. Euro. Damit wird der erzielte Überschuss des Jahres 2021 nahezu aufgezehrt.

Die in den Jahren 2020 und 2021 erwirtschaftete Liquidität, die mit den Jahresabschlüssen dokumentiert wird, wurde bereits im vollen Umfang in den Haushaltsplanungen der Jahre ab 2022 berücksichtigt. Das bedeutet: Im Ergebnis der Jahresabschlüsse 2020 und 2021 steht keine zusätzliche Liquidität zur Verfügung.

Im Gegenteil: Allein für die Jahre 2022 und 2023 (prognostiziert) wird die Liquidität um rund 90 Mio. Euro abgeschmolzen sein und derzeitiger Kenntnis zum Ende des Planungszeitraumes bis spätestens 2027 komplett verbraucht.

Zum Hintergrund

Ursächlich für das sehr positive Ergebnis des Jahres 2020 in Höhe von 88 Mio. Euro ist

hauptsächlich das Zusammentreffen mehrerer einzelner Sondereffekte für

die Landeshauptstadt Potsdam, die sich sehr günstig auswirken. Diese

summieren sich zusammen auf rund 79 Mio. Euro. Insbesondere durch:

–         ungeplante Mehrerträge in Form von Billigkeitsleistungen als pauschaler Ausgleich von Bund und Land aus den Regelungen des Corona Rettungsschirms in Höhe von 35 Mio. Euro

–         Infolge der geänderten versicherungsmathematischen Berechnungsmethodik der Versorgungskasse wurden 18 Mio. Euro weniger für Pensionsrückstellungen aufgewendet

–         Die durch ein Finanzgerichtsverfahren notwendig gewordene Rückstellung für eine eventuelle Gewerbesteuerrückzahlung in Höhe von 17 Mio. Euro konnte nach dem Abschluss des Verfahrens aufgelöst werden

–         Einhergehend mit der Pandemiesituation und dem IT-Sicherheitsvorfall 2020 konnten mehrere ursprünglich geplante Dienstleistungen, Projekte und Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Die dafür vorgesehenen Gelder wurden also nicht ausgegeben. Dies führte zu Minderaufwendungen in Höhe von rund 11 Mio. Euro

Die Gründe für das positive Ergebnis des Jahres 2021 in Höhe von 36 Millionen Euro

sind hauptsächlich:

–         die positive Entwicklung der Steuern und Erträge aus Zuwendungen und den

Einmaleffekt aus der Auflösung einer Rückstellung

–         deutlich niedrigere Aufwendungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit

vor allem aufgrund von verzögerten Vorhabenrealisierungen in Folge der SARSCoV-

2-Pandemie, von Lieferengpässen sowie einer angespannten Personalsituation

Verantwortlich für den derzeit prognostizierten Verlust in Höhe von 34 Mio. Euro des

Jahres 2022 sind vor allem der deutliche Rückgang der Gewerbesteuererträge (-

18,5 Mio. Euro verglichen zum Vorjahr), steigende Personal- sowie Transferaufwendungen, etwa an die Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH für den Defizitausgleich.

Die Überschüsse der Jahre 2020 und 2021 werden – wie vom Gesetzgeber vorgeschrieben – vollständig den Rücklagen aus Überschüssen zugeführt und erhöhen somit die Rücklagen um insgesamt rund 124,5 Mio. Euro im Vergleich zum Jahr 2019. Auch wenn, verbunden mit den guten Jahresergebnissen, die Liquidität auf einen bisherigen Höchststand von insgesamt rund 341 Mio. Euro per 31.12.2021 anstieg, ist diese Ende 2022 bereits wieder auf 281 Mio. Euro abgesunken. Dieser Trend setzt sich im Jahr 2023 fort.

Da die geplanten Defizite in den Jahren 2023 bis 2027 allein durch die Ersatzdeckungsmittel aus den vorangegangenen positiven Jahresabschlüssen gedeckt werden müssen, stehen diese Rücklagen nicht mehr für anderes zur Verfügung. Burkhard Exner „Den einzelnen Euro kann man bekanntlich nur einmal ausgeben. Es ergeben sich also keine neuen finanziellen Handlungsspielräume für die Landeshauptstadt.“ Parallel steigt der Schuldenstand für Investitionskredite beim KIS und der daraus resultierende Schuldendienst (Tilgung und Zinsen) erheblich an. Grund hierfür sind die weiterhin hohen Investitionsbedarfe der Stadt. Die Folgen der Pandemie, der 2020 erfolgte Cyber-Angriff, der Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 und die damit einhergehende Energiekrise, verbunden mit einer stark ansteigenden Inflation, steigenden Zinssätzen und Baukosten, sowie die Anforderungen an die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung – die gerade in einer Stadt wie Potsdam auf einen sehr angespannten Wohnungsmarkt treffen – stellen die Landeshauptstadt vor enorme Herausforderungen. Diese Unwägbarkeiten erschweren die Planung kommender Haushaltsjahre. Hinzukommen die Aufgaben als Schulträger und für die Kindertagesbetreuung wie auch die Erfordernisse der Modernisierung, Digitalisierung oder für den Schutz des Klimas. „Dies alles bringt viele Städte – wie Potsdam – an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit“, so Burkhard Exner.

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