Brandenburg

Regional, nachhaltig und gesund: Symposium diskutiert über Ernährung der Zukunft

Großes Interesse am Projekt „Kantine Zukunft“

Die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten und damit die sichere und nachhaltige Lebensmittelproduktion und -versorgung sowie eine gesunde Ernährung sind zentrale Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Bei einem Symposium des „Forums ländlicher Raum – Netzwerk Brandenburg“, des „Ernährungsrates Brandenburg“ und der „Präsenzstelle der Hochschulen des Landes Brandenburg“ diskutierten am heutigen Mittwoch in der Heimvolkshochschule am Seddiner See 75 regionale Akteurinnen und Akteure aus Landwirtschaft, Lebensmittelversorgung und Ernährungsräten über notwendige Veränderungen des Ernährungssystems. Verbraucherschutzstaatssekretärin Dr. Antje Töpfer eröffnete die Veranstaltung im Rahmen der „Brandenburger Ernährungsstrategie“ mit einem Grußwort.

Verbraucherschutzstaatssekretärin Töpfer sagte: „Die Art und Weise, wie wir uns ernähren, hat großen Einfluss auf unsere Gesundheit, auf unsere Umwelt, auf unsere Wirtschaft und auf unser soziales Miteinander. Mit der ‚Brandenburger Ernährungsstrategie‘ wollen wir Rahmenbedingungen und Angebote schaffen, die eine gesunde, regionale und nachhaltige Ernährung leicht machen, und die Produzent*innen und Konsument*innen vor Ort noch besser zusammenbringen. Wir wollen erreichen, dass es für alle Brandenburgerinnen und Brandenburger möglich ist, sich gut und gesund zu ernähren – unabhängig von Einkommen und Bildung. Gleichzeitig stärken wir damit die heimische Land- und Ernährungswirtschaft und sichern so Arbeitsplätze hier in Brandenburg.“

Das Verbraucherschutzministerium hat federführend und entsprechend der Vereinbarung im Koalitionsvertrag in enger Abstimmung mit dem „Ernährungsrat Brandenburg“ den Entwurf einer Ernährungsstrategie des Landes Brandenburg erarbeitet, der sich aktuell in der Ressortabstimmung befindet. Vorausgegangen war ein intensiver Beteiligungsprozess mit Werkstattgesprächen und Workshops. Dabei wurden praktisches Wissen und Erkenntnisse aus den Regionen zusammengetragen.

Der „Ernährungsrat Brandenburg“ ist der Zusammenschluss der regionalen Ernährungsräte Prignitz-Ruppin, Ostbrandenburg, Havelland Potsdam. Er vernetzt Verbraucher*innen, Lebensmittelproduzent*innen, Händler*innen sowie Verwaltung und Politik mit dem Ziel, das Ernährungssystem auf lokaler und regionaler Ebene zu verändern.

Marc Schreiber, der gemeinsam mit Rahel Volz die Koordinierungsstelle des Brandenburger Ernährungsrats leitet, erklärt: „Als Ernährungsrat ist uns besonders wichtig, dass das Ernährungssystem von den Menschen vor Ort gestaltet wird. Dort wird deutlich, welche positiven Auswirkungen nachhaltige Ernährung auf unser tägliches Leben haben kann: Es erhält eine gesunde Umwelt und bildet gleichzeitig die Grundlage für Ernährungssicherheit, es wirkt als Jobmotor und – was viel zu wenig anerkannt ist und gesehen wird – Essen als etwas zutiefst Soziales bringt Menschen zusammen und wirkt der sozialen Spaltung entgegen.“

Symposium „Brandenburg ernährt sich nachhaltig“

Die heutige Veranstaltung bietet Raum für Information, praktische Anregung und Austausch, um die Ernährungsstrategie in den Gemeinden und Kommunen sichtbar zu machen und zur Umsetzung der ambitionierten Ziele beizutragen. Im Fokus stehen dabei diese Fragen: Wie können wir die Ernährungswende ganz konkret gestalten? Was können wir in der Kommune, in der Schule oder im eigenen Betrieb tun, damit unser Essen regionaler, gesünder, vielfältiger und sozial gerechter wird?

Neben Informationen zur Ernährungsstrategie und zu Fördermöglichkeiten werden im Rahmen von Kurzinputs und an zehn Thementischen zahlreiche beispielhafte Projekte sowie Akteurinnen und Akteure vorgestellt, die bei der Umsetzung eigener Ideen unterstützen können. Dabei spielen unter anderem Themen wie Küchen in kommunaler Trägerschaft, die Nutzung kommunaler Flächen fürs Gemeinwohl, Ernährungsbildung oder die Funktion der Ernährungsräte als Motor für eine Ernährungswende in der Region eine Rolle.

Die Veranstaltung richtet sich an Landkreis- und Kommunalverwaltungen, an Betriebe entlang der Wertschöpfungskette des Ernährungssystems, an Bildungsinstitutionen, an zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure im ländlichen Raum, sowie an Vereine und Projekte. Am 27. November 2023 ist ein zweites Symposium in Prenzlau geplant.

Kichererbsen aus Teltow-Fläming: Agrargenossenschaft Trebbin Vorbild für regionale und nachhaltige Landwirtschaft

Wie die Ernährungswende durch die Landwirtschaft gestaltet werden kann, zeigt die Agrargenossenschaft Trebbin (AGT). Der Betrieb baut seit drei Jahren Kichererbsen an – in Deutschland noch eine absolute Seltenheit. Die meisten Kichererbsen, die wir essen, werden importiert. Kichererbsen sind, wie alle Hülsenfrüchte, ein hochwertiges Lebensmittel, das viele gesunde Nährstoffe enthält: Sie sind reich an Eiweiß, komplexen Kohlenhydraten, Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen. Wer viel und regelmäßig Kichererbsen isst, vermindert das Risiko, Übergewicht, Diabetes oder Krebs zu bekommen. Außerdem senken Ballaststoffe den Cholesterinspiegel und schützen damit die Blutgefäße.

Auf dem Symposium bekamen die Teilnehmenden die Kichererbsen der AGT zum Mittagessen serviert. Isabella Krause von der „Regionalwert AG Berlin-Brandenburg, die mit der AGT zusammenarbeitet und für den Aufbau einer regionalen Wertschöpfungskette für Kichererbsen zuständig ist, erklärte dazu in Seddin: „Uns ist es wichtig, gesunde Lebensmittel zu produzieren und dabei die Kulturlandschaft mit all ihren ökologischen Nischen zu erhalten bzw. weiter zu fördern. Gleichzeitig müssen wir lernen, mit dem Klimawandel umzugehen. Kichererbsen sind nicht nur nahrhaft, sondern auch trockenresistent. Wir gehen neue Wege, um auch Arbeitsplätze in der Region zu sichern und die Lebensmittelqualität weiter zu verbessern. Und die heimische Kichererbsen-Produktion macht uns unabhängig von Auswirkungen weltweiter Krisen.“

Natürlich gab es bei der Veranstaltung auch Fleisch zu essen: gefüllte Paprika mit Rindfleisch aus der Region von der Agrargenossenschaft agro Saarmund aus Potsdam-Mittelmark. Agro Saarmund betreibt ausschließlich Fleischwirtschaft, und zwar vornehmlich mit den eigenen Rindern. Die Tiere werden in einem nahe gelegenen Partnerbetrieb geschlachtet und in der eigenen Fleischerei verarbeitet. Kurze Transportwege zur Schlachtung dienen dem Tierwohl und der Fleischqualität.

Hintergrund zur Ernährungsstrategie

Mit dem Beschluss des Landtages Brandenburg „Eine Ernährungsstrategie für Brandenburg – Baustein für ein aktives und gesundes Leben für alle“ vom 27. August 2021 (Drucksache 7/4059-B) wurde die Landesregierung aufgefordert, „unter der Federführung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit weiteren fachlich betroffenen Ressorts der Landesregierung und dem Brandenburger Ernährungsrat sowie unter Beteiligung weiterer relevanter gesellschaftlicher Kräfte den Prozess zur Erarbeitung einer Ernährungsstrategie im Rahmen der jeweils zur Verfügung stehenden Personalstellen und Haushaltsmittel voranzutreiben.“

Mit diesem Landtagsbeschluss wird Bezug genommen auf die Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag der Landesregierung, in Abstimmung mit dem Ernährungsrat Brandenburg eine Ernährungsstrategie zu erarbeiten.

Die Ernährungsstrategie soll einen grundlegenden Beitrag leisten für eine Transformation des Ernährungssystems hin zu einem nachhaltigen, gesundheitsförderlichen, regionalen, vielfältigen und fairen System. Nach Maßgabe des ressortübergreifend erarbeiteten Konzepts für die Erarbeitung der Ernährungsstrategie, das vom Kabinett am 15. März 2022 beschlossen wurde, wurde von April bis September 2022 ein breiter Beteiligungsprozess durchgeführt.

Die Ergebnisse aus diesem Beteiligungsprozess wurden in dem Strategiepapier zu drei Hauptzielen mit konkreten Maßnehmen zusammengefasst: 1.) Ernährungsumgebungen in Brandenburg nachhaltig und gesundheitsförderlich gestalten, 2.) Akteurinnen und Akteure entlang der Wertschöpfungskette stärken – Auf- und Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten unterstützen, 3.) Brandenburgerinnen und Brandenburger für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährungsweise gewinnen – Ernährungskompetenzen stärken, Wertschätzung erhöhen.

Verbraucherschutzstaatssekretärin Töpfer: „Im Zentrum der Ernährungsstrategie steht die Gemeinschaftsverpflegung. Sie holt Menschen aller Altersgruppen und Lebensbereiche buchstäblich an einen Tisch. Daher ist eine Gemeinschaftsverpflegung, die unter gesundheitlichen, ökologischen und regionalen Aspekten Vorbildwirkung entfaltet, der stärkste Hebel, um einen kulturellen Wandel hin zu einer nachhaltigen und gesundheitsfördernden Ernährung anzustoßen, mitzugestalten und voranzutreiben. Dies gilt in besonderem Maße für die Gemeinschaftsverpflegung in Kitas und Schulen. Aber auch die Gemeinschaftsverpflegung in Betriebskantinen, Krankenhäusern und Rehakliniken, Hochschulmensen, Gemeinschaftsunterkünften und ähnlichen Einrichtungen hat das Potenzial, Ernährungsvorlieben und Ernährungsverhalten zu prägen.“

„Kantine Zukunft“ für eine bessere Qualität in der Gemeinschaftsverpflegung

Mit dem Projekt „Kantine Zukunft“ werden Küchen der Gemeinschaftsverpflegung beraten und unterstützt, ihr Speisenangebot entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf eine gesundheitsförderliche Ernährung aus regionalen und saisonalen Zutaten umzustellen. Nach dem Modell der „Kantine Zukunft Berlin“ werden auch in Brandenburg praxisbezogene Schulungen und Anleitungen von Küchenbetreibern und -personal angeboten. Bis Ende 2024 kann in einem Pilotprojekt die Umstellung ausgewählter Küchen für Gemeinschaftsverpflegung unter Einbeziehung regionaler Erzeuger nach dem Prinzip der „Kantine Zukunft“ in Brandenburg erprobt werden.

Bereits 18 Kantinen-Träger mit diversen Einrichtungen haben ihr Interesse an der Umsetzung des Projektes bekundet, weitere Erstgespräche haben stattgefunden bzw. stehen in den nächsten Wochen an.

Für die „Kantine Zukunft Brandenburg“ stehen im Doppelhaushalt 2023/24 jeweils 600.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Die Umstellung nach dem Modell der „Kantine Zukunft“ ermöglicht ohne Kostensteigerungen gutes Essen für viele Brandenburgerinnen und Brandenburger in der Gemeinschaftsverpflegung.

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