Politik

Außenministerin Annalena Baerbock vor ihrer Abreise nach China und Südkorea

„Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale – das ist der Kompass der europäischen China-Politik. In welche Richtung die Nadel künftig ausschlagen wird, liegt auch daran, welchen Weg China wählt. Mit unserer neuen China-Strategie werden wir einer veränderten Rolle Chinas in der Welt Rechnung tragen. Für unser Land hängt viel davon ab, ob es uns gelingt, unser zukünftiges Verhältnis mit China richtig auszutarieren- als unserem größten Handelspartner und als globalem Akteur, der die Weltordnung zunehmend nach eigenen Vorstellungen gestalten möchte. China hat sich verändert, und nach dem Ende der Corona-Restriktionen will ich mir ein genaueres Bild davon machen, welchen Kurs die neue Führung einschlägt, auch mit Blick auf das Spannungsfeld zwischen politischer Kontrolle und wirtschaftlicher Offenheit.
Ich will vor Ort Chancen für mehr Zusammenarbeit bei der Förderung der Zivilgesellschaft, beim Klimaschutz und in Zukunftsbranchen wie den erneuerbaren Energien ausloten. Für mich ist klar: an einer wirtschaftlichen Entkopplung haben wir kein Interesse – dies wäre in einer globalisierten Welt ohnehin schwer möglich– aber wir müssen die Risiken einseitiger Abhängigkeiten systematischer in den Blick nehmen und abbauen, im Sinne eines De-Risking. Dies gilt gerade mit Blick auf das Horrorszenario einer militärischen Eskalation in der Taiwanstraße, durch die täglich 50 % des Welthandels fließen. Ich werde bei meinem Besuch deshalb auch die gemeinsame europäische Überzeugung unterstreichen, dass eine einseitige Veränderung des Status Quo in der Taiwanstraße, und erst Recht eine militärische Eskalation inakzeptabel wäre.
Ganz oben auf meiner Agenda steht aber auch bei dieser Reise unser Interesse, den Krieg vor unserer europäischen Haustür in der Ukraine schnellstmöglich, dauerhaft und gerecht zu beenden. Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen trägt China eine besondere Verantwortung für den Weltfrieden. Dass China bereit ist, sich global einzubringen, hat zuletzt die Vermittlung zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran gezeigt. Welche Rolle China mit seinem Einfluss auf Russland übernimmt, wird für ganz Europa und unsere Beziehung zu China Folgen haben.
Selbstverständlich will ich in China über den Schutz der universellen Menschenrechte sprechen – der übrigens Bestandteil fairer Wettbewerbsbedingungen sein muss. Und es wird mit China als inzwischen größtem CO2-Emittenten der Welt und zugleich Marktführer bei erneuerbaren Energien darum gehen, wie wir gemeinsam mehr tun können, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen.
Südkorea steht als enger Verbündeter felsenfest an unserer Seite. Das zeigt: Politische Nähe lässt sich nicht an geographischer Distanz messen. Mit Südkorea verbindet uns neben gefestigten demokratischen Werten auch die Erfahrung der nationalen Teilung. Dort wird es auch um unser gemeinsames Interesse an regionaler Stabilität im Indopazifik gehen, die zuletzt durch Nordkoreas völkerrechtswidrige Raketentests gefährlich unter Beschuss geraten ist. Umso bedeutender ist es, dass durch die historische Annäherung Südkoreas und Japans zwei gute Freunde Deutschlands den Weg zueinander gefunden haben. Denn unsere äußere Stärke als Verbündete ergibt sich aus unserem inneren Zusammenhalt als Wertepartner in der ganzen Welt.“

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