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DFB veröffentlicht 9. Lagebild des Amateurfußballs

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) veröffentlicht heute das 9. Lagebild des Amateurfußballs in Deutschland. Seit der Saison 2014/2015 lässt der DFB auf Grundlage des Spielberichts der Schiedsrichter*innen jährlich ermitteln, wie es mit Blick auf Gewalt und Diskriminierung um die Lage des Amateurfußballs in Deutschland bestellt ist.

 

„Das Lagebild des Amateurfußballs wird ermöglicht durch eine kollektive Kraftanstrengung des DFB, der rund 53.000 Schiris sowie der 21 DFB-Landesverbände“, sagt Ronny Zimmermann zu den heute veröffentlichten Zahlen. Der 1. DFB-Vizepräsident fungiert im 14-köpfigen DFB-Präsidium als Repräsentant des Amateurfußballs und des Schiedsrichter*innenwesens. „Das Lagebild hat sich zu einem wichtigen Indikator für die Stimmung auf den Plätzen entwickelt“, so Zimmermann. „Es ermöglicht einen Überblick jenseits der Einzelfälle und Sachlichkeit statt verständlicher Emotionen. Für eine wirksame Prävention braucht es als ersten Schritt eine solide Datenbasis. Über ein solches Monitoring verfügt der Fußball.“

Zimmermann sagt weiter: „Jenseits aller Statistiken müssen wir zunächst festhalten, dass in der zurückliegenden Saison ein Mensch sein Leben verloren hat. Das muss endgültig ein Warnsignal für alle im Fußball sein, gleichgültig welche Rolle man im Sport einnimmt – ob Trainer, Betreuer, Spieler, Zuschauer oder Funktionär. Tatsächlich kann überall und jeden Tag etwas Schlimmes geschehen, daher müssen wir alle aufmerksamer und wacher werden und negativen Entwicklungen frühzeitig entgegentreten.“

Der Tod eines 15-jährigen Berliner Jungen hatte im Mai Fußball-Deutschland schockiert. Der Juniorenspieler des JFC Berlin war bei einem internationalen Jugendturnier in Frankfurt attackiert worden und im Krankenhaus seinen Hirnverletzungen erlegen. Tatverdächtig ist ein 16-jähriger französischer Fußballer des FC Metz. „Der Tod Pauls hat uns zutiefst erschüttert und macht uns alle bis heute betroffen“, so Ronny Zimmermann. „Fußball ist und bleibt dennoch vor allem ein Ort der Begegnung und ein Platz des friedlichen und respektvollen Miteinanders, aber damit das so bleibt, müssen wir unsere gemeinsamen Anstrengungen ausbauen.“

In der Saison 2022/2023 wurden 961 Fußballspiele wegen eines Gewalt- oder Diskriminierungsvorfalls abgebrochen. Damit liegt die Zahl der Spielabbrüche weiterhin auf einem erhöhten Niveau. Allein in den Altersstufen D-F-Junioren kam es zu 126 Spielabbrüchen. In der zurückliegenden Saison wurden 1.428.657 Spiele ausgetragen und 1.234.154 durch einen abgeschlossenen Spielbericht erfasst.

Mit einer Spielabbruchsquote von 0,08 Prozent liegt der Wert genauso hoch wie in der Saison 2021/2022, als weniger Spiele ausgetragen wurden. Während der Saison 2021/2022 waren 911 Spiele abgebrochen worden. In den Spielzeiten vor der Pandemie war es zu deutlich weniger Spielabbrüchen gekommen, nämlich zu 672 (Saison 2016/17) und 667 Spielabbrüchen (Saison 2017/18). Im Lagebild finden die Spielklassen der Landes- und Regionalverbände Eingang, also alle Spielklassen unterhalb der 3. Liga.

Auf den Amateurplätzen kam es während der vergangenen Saison zu 6224 Vorkommnissen (0,5 Prozent aller Spiele mit einem abgeschlossenen Spielbericht), davon 3907 Gewalt- (0,31 Prozent) und 2679 Diskriminierungsvorfällen (0,21 Prozent). Bei 4116 Spielen wurde eine Spielerin als Beschuldigter gemeldet. Bei 1191 Spielen wurde eine Betreuerin als Beschuldigter gemeldet und bei 2200 Spielen eine Zuschauerin. Bei 2680 Spielen wurde eine Schiedsrichterin als Geschädigter gemeldet, bei 3496 Spielen eine Spielerin. Bedenkt man, dass auf dem Feld in den unteren Klassen nur eine Schiedsrichter*in steht, sind die Schiris in der Geschädigten-Gruppe massiv überrepräsentiert.

Für 2023 hat der DFB das „Jahr der Schiris“ ausgerufen, in dem etwa die „Schiri-Toolbox“ („Alles, was ein Verein braucht, um mehr Schiedsrichterinnen anzuwerben“), das Lehrvideo „Schiris gegen Diskriminierung“ mit Deniz Aytekin oder das Gastspiel von Bundesligaprofis als Schiedsrichter in der Bezirksliga für mehr Neueinsteigerinnen werben. Mit dem „Jahr der Schiris“ sollen auch die aktiven Schiedsrichter*innen gewürdigt und damit gegen die „Dropout-Quote“ angegangen werden

Als Maßnahme zur Prävention von Gewalt- und Diskriminierung im Fußball sticht die Einrichtung von Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle in allen 21 Landesverbänden heraus. Wem etwas zustößt, der kann sich hier Beratung oder auch konkrete Hilfe holen. Darüber hinaus gibt es auf Ebene der DFB-Landesverbände etliche weitere Präventionsprojekte.

Einzelne Landesverbände haben begonnen, die Zahlen auch qualitativ zu gewichten. So kam es in der Hinrunde in Württemberg zu neun Gewaltvorfällen, darunter aber auch Vorgänge wie leichtes Schubsen und Stoßen. Oft ist die Vorstellung, was einen Gewaltvorfall ausmacht, schlimmer als es die Wirklichkeit hergibt. Für eine Steigerung der Datenqualität des Lagebilds wäre ein Abgleich mit Sportgerichtsentscheidungen wünschenswert. Die Voraussetzungen dafür sollen in den kommenden Jahren geschaffen werden und sind ein zentrales Anliegen der AG Gewaltprävention, die unter Leitung von Ronny Zimmermann regelmäßig zusammenkommt.

Eine Gewalthandlung liegt vor, wenn eine beschuldigte Person eine geschädigte Person körperlich angreift, beispielsweise durch Schlagen, Bewerfen, Bespucken oder Treten. Zudem ist auch eine Bedrohung als Gewalthandlung zu werten. Auch Versuche sind zu melden.

Eine Diskriminierung liegt vor, wenn jemand die Würde einer anderen Person oder einer Gruppe von Personen verletzt. Dies geschieht durch eine herabwürdigende Äußerung, Geste oder Handlung in Bezug auf Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Religion, Behinderung, Alter, geschlechtliche oder sexuelle Identität. Auch eine sonstige Schlechterbehandlung aufgrund eines dieser Merkmale stellt eine Diskriminierung dar.

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