Brandenburg

Für mehr Rechte von Menschen mit Behinderung – Kabinett beschließt „Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket 3.0“

Für die Rechte von Menschen mit Behinderungen: Die Landesregierung setzt sich weiter konsequent für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Land Brandenburg ein. Das Kabinett hat dazu das von Sozialministerin Ursula Nonnemacher vorgelegte „Behindertenpolitische Maßnahmenpaket 3.0“ beschlossen. Kernstück sind 55 konkrete Maßnahmen aller Ressorts bis 2027. Mit der Weiterentwicklung und Fortschreibung wird ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.

Das Maßnahmenpaket umfasst neun Handlungsfelder: „Bewusstseinsbildung“, „Partizipation und Interessenvertretung“, „Bildung“, „Arbeit und Beschäftigung“, „Unabhängige Lebensführung, Wohnen, Mobilität, Bauen“, „Gesundheit und Pflege“, „Tourismus, Kultur, Freizeit, Sport“, „Barrierefreie Kommunikation und Information“ sowie „Freiheits- und Schutzrechte“.

Sozialministerin Ursula Nonnemacher: „Seit über 14 Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention auch für Deutschland verbindliche Richtschnur für eine menschenrechtsbasierte Politik auf dem Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Mit dem behindertenpolitische Maßnahmenpaket 3.0 setzen wir Forderungen der UN-BRK in Brandenburg weiter konsequent um. Ziel der Landesregierung ist es, die Lebenssituation sowie die Mitsprache- und Gestaltungsrechte von Menschen mit Behinderungen weiter zu verbessern. Sie sollen gleichberechtigt mitten in der Gemeinschaft leben und selbstbestimmt ihr Leben im Rahmen ihrer ganz individuellen Möglichkeiten gestalten können. Entscheidend ist: Inklusion gelingt nur gemeinsam. Inklusion muss in allen Lebensbereichen und Alltagssituationen von allen mitgedacht, gelebt und gefördert werden: am Arbeitsplatz, im Nahverkehr, in der Schule, beim Sport oder beim Bau öffentlicher Gebäude.“

Janny Armbruster, Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen des Landes Brandenburg: „Der Fokus des dritten Aktionsplans liegt auf konkrete Maßnahmen der Landesregierung, die flankierend zu den gesetzlichen Regel- oder Daueraufgaben in den nächsten fünf Jahren umgesetzt werden sollen. Die Umsetzung des Maßnahmenpaket 3.0 begleitet demnach die Arbeit auch der nächsten Landesregierung und ich freue mich daher sehr, dass sich die Landesregierung dieser Selbstverpflichtung stellt.“

Zu den 55 konkreten Maßnahmen bis 2027 gehören zum Beispiel:

  • Sensibilisierung und Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung zum Thema „Inklusion“: Seit 2021 werden sogenannte Konsultationskitas im Land Brandenburg (KOKIB) mit dem Schwerpunkt Inklusion gefördert. Sie haben im Rahmen des Praxisunterstützungssystems den Auftrag, Fachkräften anderer Träger und Einrichtungen zu einem pädagogischen Schwerpunkt beratend zur Seite zu stehen.

  • Digitale Bildung für Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“: Die Möglichkeiten und Potenziale der digitalen Bildung werden für Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ geprüft und in der Schulpraxis implementiert. Dafür soll u.a. geeignetes Unterrichtsmaterial entwickelt werden.

  • Entwicklung eines neuen Förderprogramms für die betriebliche Ausbildung von Menschen mit Schwerbehinderung: Die Schaffung von betrieblichen Ausbildungsplätzen für Menschen mit Schwerbehinderung wird weiter gezielt gefördert. Dazu wird aufbauend auf dem Landesförderprogramm „Perspektive inklusiver Arbeitsmarkt“ ein weiteres Programm zur inklusive Ausbildung von Menschen mit Schwerbehinderung umgesetzt.

  • Erweiterung des Ausbildungs- und Arbeitsplatzangebotes für Menschen mit Schwerbehinderung in Inklusionsbetrieben: Inklusionsbetriebe werden zielgerichtet unterstützt, damit diese ihre Ausbildungs- und Arbeitsplatzangebote erweitern. Dabei sollen insbesondere Menschen mit Behinderungen ein alternatives Beschäftigungsangebot zur Werkstatt für behinderte Menschen mit einem Budget für Arbeit oder ein Ausbildungsangebot mit einem Budget für Ausbildung erhalten.

  • Steigerung der Beschäftigungsquote von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen in der Landesverwaltung: Es soll ein Konzept für die verstärkte Berücksichtigung von Menschen mit Schwerbehinderung bzw. ihnen gleichgestellten Menschen bei Neueinstellungen erarbeitet werden. Ziel ist es, die Beschäftigungsquote von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen in der Landesverwaltung (ohne Hochschulen) auf 6,5 Prozent zu steigern. 2022 lag diese Quote bei 5,44 Prozent. Die gesetzliche Pflichtquote liegt bei 5 Prozent.

  • Beratungsstelle für Barrierefreies Bauen im Land Brandenburg: Der barrierefreie Zugang zu baulichen Anlagen und ihre barrierefreie Nutzung ist für Menschen mit Behinderung Grundvoraussetzung für eine gleichberechtigte und autonome Lebensgestaltung. Die Beratungsstelle für Barrierefreies Bauen im Land Brandenburg ist zunächst vorrangig für die am Bau Beteiligten Ansprechpartnerin zur Herstellung der baulichen Barrierefreiheit. Sie ist Anlaufstelle zu Fragen der baulichen Barrierefreiheit.

  • Barrierefreie Wohnplätze für Studierende mit Behinderungen: Die Studierendenwerke bieten an allen Hochschulstandorten im Land Brandenburg barrierefrei ausgestattete Zimmer in den Wohnanlagen an. Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung erhalten nach den Wohnraumvergaberichtlinien der Studierendenwerke bevorzugt einen Wohnplatz. Bei baulichen Maßnahmen sind im Sinne der Barrierefreiheit unterschiedliche Behinderungen beziehungsweise Mehrfachbehinderungen zu berücksichtigen, sodass sich beispielsweise auch sehbehinderte Studierende in den Wohnanlagen zurechtfinden können.

  • Informationen zu barrierefreiem Reisen: Neben der Unterstützung des bundesweiten Zertifizierungssystems „Reisen für Alle“ wird das landesweite touristische Informationssystem „Brandenburg für Alle“ gepflegt und ausgebaut. Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderungen über alle zentralen touristischen Kommunikationskanäle des Landes Brandenburg einen Zugang zu einem breiten Spektrum touristischer Angebote erhalten.

An der Zusammenstellung der Maßnahmen haben alle Ministerien und die Staatskanzlei mitgewirkt. Auch der Landesbehindertenbeirat wurde bei der Fortschreibung des Maßnahmenpaktes mit eingebunden.

Jede Maßnahme ist übersichtlich in Steckbriefen allgemeinverständlich erläutert. Umfang und Umsetzungsebenen sind sehr unterschiedlich und reichen von Einzelmaßnahmen bis zu umfassenden, übergreifenden Aufgabenstellungen.

Das Sozialministerium wird das „Behindertenpolitische Maßnahmenpaket 3.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Land Brandenburg 2023–2027“ zeitnah als Broschüre veröffentlichen. Der gesamte Text wird darin auch in Leichter Sprache und mit Piktogrammen barrierefrei dargestellt.

Ab sofort ist es im Internet auf der Seite des Sozialministeriums https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/service/publikationen/ abrufbar.

In Brandenburg leben rund 500.000 Menschen mit festgestellten Behinderungen, darunter rund 268.000 Menschen mit einer Schwerbehinderung. Nur vier Prozent aller Behinderungen sind angeboren, die meisten treten infolge einer Krankheit oder eines Unfalls auf. Das Risiko einer Behinderung erhöht sich mit dem Alter. So ist mehr als die Hälfte der Menschen mit schwerer Behinderung 65 Jahre oder älter.

Hintergrund

Seit 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auch für Deutschland als geltendes Recht verbindlich. Hintergrund für das Entstehen der Konvention war die weltweite Erfahrung, dass Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend vor Diskriminierung und Ausgrenzung geschützt worden sind. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention werden erstmals die Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in einem völkerrechtlichen Vertrag konkretisiert. Danach wird Behinderung nicht länger vor allem unter medizinischen und sozialen Blickwinkeln betrachtet, sondern als Menschenrechtsthema anerkannt. Bund, Länder und Kommunen sind verpflichtet, die Ziele der UN-Konvention umzusetzen.

Die Landesregierung Brandenburg hatte am 29. November 2011 als zweites Bundesland das „Behindertenpolitische Maßnahmenpaket der Landesregierung“ beschlossen und entwickelte dieses in den Folgejahren – begleitet durch externe Evaluationen – weiter.

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