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Gedenken, Mahnung und Solidarität am 09.11. in Cottbus/Chóśebuz

In Cottbus/Chóśebuz ist am Donnerstag der Opfer der Pogromnacht vom
09.11.1938 gedacht worden. An der Gedenktafel für die Alte Synagoge in der
Karl-Liebknecht-Straße, die in jener Nacht in Brand gesteckt wurde, legten
Bürgermeisterin Marietta Tzschoppe, die Jüdische Gemeinde der Stadt sowie
Bürgerinnen und Bürger Blumen und Gebinde nieder.
Oberbürgermeister Tobias Schick, derzeit auf Reise in die Partnerstädte
Saarbrücken und Montreuil, hat sich mit einer Videobotschaft zum 09.11. an
die Cottbuserinnen und Cottbuser gewandt. Diese ist auf www.cottbus.de
abrufbar.
Bürgermeisterin Marietta Tzschoppe: „Der 09.11. ist ein Tag, der in der
Geschichte unseres Landes und der Welt eine besondere Bedeutung hat.
Und der angesichts der Terrorattacke der Hamas auf Israel vor gut vier
Wochen, angesichts der grausamen Morde und Entführungen sowie
angesichts der aus dem Terror heraus entfesselten Gewalt schmerzlich in
den Mittelpunkt der Gedanken und Nachrichten rückt. Heute stehen wir hier,
am Standort der Alte Cottbuser Synagoge, wie jedes Jahr – und doch ist alles
anders. Der Antisemitismus erstarkt und zeigt sich mehr und mehr
unverhohlen. Hoffen wir daher gemeinsam, dass dunkle Kapitel der
Geschichte auch Zeichen der Hoffnung in sich tragen und erinnern wir daran,
wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen. Diese Verantwortung nimmt
uns niemand ab. Am 09. November vor 85 Jahren drangsalierten
Nationalsozialisten und ihre Mitläufer auch in unsrer Stadt die jüdische
Bürgerinnen und Bürger. Es war der erste und vorläufige Höhepunkt einer
beispiellosen Welle der Gewalt gegen die jüdische Bevölkerung in
Deutschland, die in den Holocaust führte. Hass und Vorurteile waren der
Nährboden für die Pogrome. Hier an diesem Ort wurde die schöne und
zentral gelegene Synagoge von Cottbusern in Brand gesteckt, hier in unserer
Stadt wurden Jüdinnen und Juden entrechtet, vertrieben, beraubt, in den Tod
getrieben, entwürdigt, ermordet. Nach einem Bericht aus dem Jahr 1946
sollen in Cottbus nur zwölf Menschen jüdischen Glaubens den Holocaust
überlebt haben.“
Am Platz am Stadtbrunnen hatte der Cottbuser Aufbruch zum Innehalten
aufgerufen. 99 Stühle symbolisierten die bereits auf entsprechenden
„Stolpersteinen“ verewigten jüdischen Opfer des Nationalsozialismus.

Bürgermeisterin Marietta Tzschoppe: „Wir nehmen uns nicht aus der Verantwortung. Weder für das,
was aus der Geschichte erwächst noch für das, was die Gegenwart von uns fordert. Die Opfer sind
nicht vergessen. Sie haben in unserer Stadt durch 99 Stolpersteine einen Namen und heute und
jeden Tag nicht nur durch diese Stühle einen Platz in unserer Mitte. Und am heutigen Tag erweitern
wir gedanklich die Stuhlreihen um jene, die noch immer von Terroristen im Gazastreifen unschuldig
als Geiseln gefangen gehalten werden. Sie müssen bedingungslos freigelassen werden und dürfen
nicht als menschliches Schutzschild missbraucht werden. Wir brauchen hier bei uns immer wieder
Aufklärung. Aufklärung antisemitischer Straftaten durch Polizei und Justiz, Aufklärung darüber, was
durch die freie Meinungsäußerung – das hohe Gut der Demokratie – noch gedeckt ist und wo
vermeintliche Meinung zur Straftat wird. Aufklärung aber vor allem in der Bildung, in den Schulen,
Aufklärung durch Vorbilder in den Elternhäusern, in den Familien, am Arbeitsplatz, in Vereinen und
Institutionen, auch durch Kunst und Kultur. Lassen Sie uns nicht nur heute Anteil nehmen. Unsere
Anteilnahme gilt den Opfern von Krieg und Gewalt. Unser Beistand all jenen, die den Frieden
verteidigen, die die Freiheit und die Würde eines jeden Menschen verteidigen. Wenn es nicht anders
geht, auch mit Waffengewalt. Deshalb gilt unsere Solidarität dem Land der Juden Israel und der
unschuldigen Zivilgesellschaft. Dauerhaft wirksame Waffen sind Friedfertigkeit, Ausgleich und
Verständigung. Das bleibt auch an einem Tag wie dem heutigen die Herausforderung für die Welt.“

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