BrandenburgFrankfurt (Oder)

Kunstwerk SORRY von Joanna Rajkowska erstmals in Deutschland

Das Oekumenische Europa-Centrum Frankfurt (Oder) e.V. hat in Kooperation mit der Europa-Universität Viadrina die monumentale Skulptur SORRY der polnischen Künstlerin Joanna Rajkowska nach Frankfurt (Oder) geholt. Erstmals ist die im vergangenen Jahr als eine der zehn wichtigsten Kunstereignisse Polens genannte Arbeit international zu sehen.

Auf der Oderpromenade stellt sich den Flanierenden im Sommer 2023 eine graue Barriere in den Weg. Drei Meter hoch und mit Glas bespickt steht sie einschüchternd da und es scheint, als seien die dunklen Zeiten hoher Grenzmauern an die deutsch-polnische Grenze zurückgekehrt. Dieser Eindruck ist kalkuliert.

Die Vorgeschichte des Kunstwerks begann mit Ärger und Scham: Joanna Rajkowska war fassungslos, als 2021 an der Grenze zwischen Polen und Belarus Geflüchtete aus dem Nahen Osten monatelang im Wald hausen mussten. Die Europäische Union, die sich die Verteidigung humanitärer Werte verschrieben hat, verharrte derweilen.

Rajkowska entwarf daraufhin ein Anti-Denkmal, das eine Spiegelung menschlicher Doppelmoral sein sollte: ein Statement aus Beton. Wer darauf zugeht, fühlt sich ausgebremst und reagiert eventuell verärgert. Denn da steht eine Sperre von 25 Tonnen, die nun umgangen werden muss. Wer die Möglichkeit hat, das Kunstwerk aus der Vogelperspektive zu betrachten, sieht, dass die Mauern das Wort SORRY bilden. Zwei konträre Botschaften in einem Kunstwerk – und damit nahe an der gesellschaftlichen Realität, in der Worte und Taten oft unterschiedliche Sprachen sprechen.

Die Künstlerin legt besonderen Wert darauf, dass die Perspektive zu wechseln ist, um die Skulptur ganz erfassen zu können: frontal und nahe vor ihr stehend als eine unüberwindlich erscheinende Mauer oder mit Abstand, von oben herabschauend das Wort SORRY formend.

Oftmals ist es eine Frage der Perspektive, was ein „Sorry“ im Alltag bedeutet. Rajkowska bezieht sich auf die Bedeutung im englischen Sprachraum, bei der „sorry“ weniger eine ernst gemeinte Entschuldigung und vielmehr ein Vorwand dafür ist, weiterzumachen wie zuvor.

Diesen Zwiespalt nimmt das Kunstwerk auf: SORRY ist für den öffentlichen Stadtraum konzipiert und fordert alle Vorbeigehenden zur Auseinandersetzung heraus. In Frankfurt (Oder) ist dieses Reflektieren fast unausweichlich, da sich der Aufstellungsort direkt neben der Stadtbrücke befindet, die Deutschland und Polen verbindet und von vielen Einheimischen regelmäßig überquert wird. Brücke und Mauer stehen für drei Sommermonate als Kontrastpaar an der deutsch-polnischen Grenze, die heute kaum mehr sichtbar ist.

SORRY soll jedoch nicht nur wörtlich im Wege stehen, sondern – trotz der Sperrigkeit – als Einladung verstanden werden, sich mit den unterschiedlichen Bedeutungsebenen auseinanderzusetzen. Es dient als ästhetisch-materieller Ausgangspunkt für eine Reihe von Veranstaltungen, zu denen die Projektverantwortlichen, namentlich Kulturkoordinatorin Constance Krüger und Hochschulseelsorger René Pachmann, oft in Zusammenarbeit mit universitären oder städtischen Akteurinnen und Akteuren einladen. Verschiedene Themenfelder von Migrationspolitik über Ökologie und lokale Fragestellungen bis hin zur Spiritualität werden hierbei diskutiert.

Das aktuelle Projekt der Künstlerin fügt sich ein in eine Reihe von Arbeiten, die sie für den öffentlichen Raum geschaffen hat. Oft sind es Projekte, in denen sie die Menschen vor Ort mit einbezieht (Oxygenator (2009), Plac Grzybowski in Warschau) oder die eine verdeckte historische Dimension des Stadtraums offenlegen (Greetings From Jerusalem Avenue (2002), Rondo Charles de Gaulle, Warschau).

Weitere Informationen zum Wirken von Joanna Rajkowska bietet ihre Website: www.rajkowska.com/en/

Auszüge des Begleitprogramms 2023

  • 29. Juni, 17.00 Uhr: Vernissage mit Grußwort von Prof. Mühle, Präsident der Europa-Universität Viadrina
  • 6. Juli, 11.00–15.30 Uhr: Wissenschaftliches Symposium „(Anti-)Monumentality, Site, Environment: Contemporary Sculpture in the Ecologically Expanded Field” (Veranstaltung in englischer Sprache, EUV, Raum AM 02)
  • 6. Juli., 18.00 Uhr: Gespräch mit der Künstlerin Joanna Rajkowska (BLMK)
  • 8./9. Juli, jeweils 12.00, 14.00; 16.00 Uhr: Orientierungen und Informationen zum Kunstwerk (im Rahmen des HanseStadtFestes)
  • 10. Juli, 17.00 Uhr: „Sorry, tot!“ Politisch-künstlerische Performance
  • 12. Juli, 18.30 Uhr: Nicht nur SORRY-Storys. Ukrainische Stimmen über die Ukraine.

Projektträger:

Oekumenisches Europa-Centrum Frankfurt (Oder) e.V. in Kooperation mit der Kulturkoordination der Europa-Universität Viadrina

Projektleitung:

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