Pressestatement der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg zum „Aufruf für eine sachliche Migrationsdebatte in Brandenburg“
Aufruf für eine sachliche Migrationsdebatte in Brandenburg
1. November 2023
Die Integrationsbeauftragte Dr. Doris Lemmermeier gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Flucht und Asyl sowie vielen Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft haben am heutigen Mittwoch einen „Aufruf für eine sachliche Migrationsdebatte in Brandenburg“ vorgestellt.
Die 68 Erstunterzeichnenden äußern darin ihre Besorgnis, dass sich die Debatte um Flucht, Migration und Integration in den letzten Wochen auch in Brandenburg dramatisch verschärft hat. Sachargumente und Fakten werden an den Rand gedrängt, irreführende Behauptungen, populistische Vorschläge und eine zunehmend nach rechts driftende Rhetorik bestimmen nach Einschätzung der Expertinnen und Experten zum Thema Migration und Integration den Diskurs.
Die Integrationsbeauftragte Dr. Doris Lemmermeier: „Seit Wochen beobachten wir, wie sich die Debatte um Migration immer mehr in den Mittelpunkt schiebt, fast so, als gäbe es keine anderen Probleme in diesem Land. Und wie sie immer unsachlicher wird, wie Fakten zunehmend an den Rand gedrängt werden und die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer zu uns gekommen sind, stigmatisiert. Ein Beispiel ist die Diskussion um Sachleistungen statt Bargeld. Meine Vorvorgängerin, Almuth Berger, die zu den Erstunterzeichnerinnen gehört, hat sich in den 2000erJahren mit der damaligen Ministerin Regine Hildebrandt über die Frage Sachleistungen statt Bargeld auseinandergesetzt. Nicht im Traum hätte ich mir vorstellen können, dass ich im Jahr 2023 zu dieser Frage Stellung beziehen und den Kampf erneut führen muss.“
Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Flucht und Asyl des Landesintegrationsbeirats Angela Fleischer: „In der Arbeitsgruppe Flucht und Asyl des Landesintegrationsbeirats sind viele Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Integration vertreten. Die Mitglieder haben das dringende Anliegen, zu der derzeitigen Migrationsdebatte Stellung zu beziehen. Seit Jahren beschäftigt sich die AG mit einer Fülle von Themen und hat viele Vorschläge zur Verbesserung der Bedingungen für Geflüchtete in Brandenburg vorgelegt. Wenn weiterhin so populistisch und ohne jede sachliche Basis über Migration und Flucht gesprochen wird wie in den letzten Wochen, dann sehen die Mitglieder der AG ihre Arbeit und auch das bereits Erreichte in Gefahr.“
Imma Chienku von der Flüchtlingsselbsthilfeorganisa
Christiane Guse, Leiterin des Beratungsfachdienstes für Migrant*innen Potsdam (Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf): „Es gibt konkrete Probleme vor Ort, die gelöst werden müssen. Wir haben zu wenige Schul- und Kitaplätze, wir brauchen wohnungsähnliche Unterbringung, mehr sozialen Wohnungsbau – insgesamt eine Stärkung der sozialen Infrastruktur. Diese Probleme sind nicht auf Grund des Zuzugs der Geflüchteten entstanden, sondern die Situation war bereits zuvor prekär. Z.B. dauert es viel zu lang, um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten.
Der Job ist häufig schon anderweitig vergeben ehe die Erlaubnis da ist. Die aktuellen Diskussionen über die Höhe der Leistungen, Sachleistungen, Arbeitsverpflichtung und Abschiebungen helfen bei keinem dieser konkreten Probleme. Sie vergiften das soziale Miteinander und erschweren die Integration.“
Der Aufruf ist in mehreren Sprachen verfügbar und kann ab 2. November unterzeichnet werden unter www.aufruf-migrationsdebatte-brandenburg.de. #menschlichbleiben