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rbb24 Recherche: Berliner Pflegedienste bleiben auf Kosten sitzen

Berlin (ots)

 

Ambulante Pflegedienste in Berlin bleiben in vielen Fällen auf den Kosten für ihre geleistete Pflege sitzen. Nach Recherchen von rbb24 Recherche ist das der Fall, wenn die Patienten sterben, während die Sozialämter die Anträge auf Pflegegeld noch bearbeiten. Grund dafür ist eine Gesetzeslücke. Laut Paragraf 19 im Sozialgesetzbuch XII gehen die Ansprüche der Verstorbenen auf Sozialleistungen nur auf „Einrichtungen“ – wie zum Beispiel Pflegeheime – über. Ambulante Pflegedienste dagegen zählen nicht als „Einrichtung“ und gehen deshalb leer aus, wenn die von ihnen versorgten Patienten sterben, bevor die Sozialämter die Hilfe bewilligt haben.

Nach Angaben des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) dauert die Bearbeitung der Anträge für das Pflegegeld durch die Berliner Sozialämter oft sechs Monate und länger. Lange Bearbeitungszeiten werden auch vom Stadtrat für Soziales von Neukölln, Hannes Rehfeldt (CDU), bestätigt. Verstirbt der oder die Pflegebedürftige, ohne dass über den Antrag entschieden ist, wird die Übernahme der bereits entstandenen Pflege-Kosten abgelehnt. Der stellvertretende Berliner Landesvorsitzende des bpa, Jan Basche, fordert deshalb eine Bundesratsinitiative des Landes Berlin für eine Gesetzesänderung. Außerdem müsse der Berliner Senat eine pragmatische Lösung auf Landesebene finden. „Der wichtigste Schritt vor allen anderen ist, dass es im Land Berlin ein Moratorium gibt, dass die Leistungen auch dann finanziert werden, wenn der Antragsteller verstorben ist, bevor es den Bescheid gegeben hat“, sagte Basche im Interview mit rbb24 Recherche. Die Alternative sei ansonsten nur, dass die ambulanten Pflegedienste ihre Leistungen reduzieren bzw. erst dann ihre Arbeit aufnehmen, wenn die Sozialämter die Anträge bewilligt haben.

Die Stadt Bremerhaven hat bereits 2016 eine sogenannte „fachliche Weisung“ an die dortigen Sozialämter erteilt, die den ambulanten Diensten die Kostenübernahme für die erbrachten Leistungen auch in den Fällen zusichert, in denen der Patient während der Bearbeitung des Antrags verstirbt.

Das für eine Gesetzesänderung zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sieht keinen Bedarf für eine Neuregelung. Dort geht man davon aus, dass die Pflegedienste ihre Arbeit erst nach Bewilligung der Kostenübernahme aufnehmen würden. Auf eine Anfrage von rbb24 Recherche teilte das BMAS mit: „Anders als Einrichtungen der (teil-)stationären Pflege erhalten ambulante Pflegedienste vor der Leistungsgewährung in der Regel eine Zusage zur Kostenübernahme durch den Träger der Sozialhilfe, sodass ein geringeres Kostenrisiko vorliegt.“

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