FernsehnMedien/Kultur

„ttt – titel thesen temperamente“ (MDR) am Sonntag, 26. Februar 2023, um 23:35 Uhr

Die geplanten Themen:

Nan Goldin – Bilder von den Verwerfungen des Daseins

Die Kamera gehöre zu ihrem täglichen Leben wie Reden oder Essen oder Sex, sagt die US-amerikanische Fotografin und Aktivistin Nan Goldin. Mit ihrer Kamera hält sie alles fest, was passiert, damit es ihr später nicht entgleitet, die Erinnerung nicht verschwindet.
Sie fotografiert gegen die Auslöschung. Ursprünglich wollte Nan Goldin Filme machen. Doch aus Geldgründen fängt sie an zu fotografieren und macht daraus Dia-Shows. Die berühmte und bahnbrechende Dia-Show „Die Ballade der sexuellen Abhängigkeit“ ist ein fotografisches Tagebuch. Nan Goldin dokumentiert ihr Leben und ihre Freunde schonungslos, zeigt was Liebe ausmacht, Zärtlichkeit, Gewalt, Lust, Drogenkonsum. Dabei ist sie selbst mittendrin. In Boston lebt sie in einer Gemeinschaft von Dragqueens. Diese treffen sich in der legendären Bar „The Other Side“. In den 80er Jahren geht sie nach New York und lebt in der Queer-Community. Mit der Kamera zeigt sie, wie die AIDS-Krise ihren Freundeskreis erfasst. Die von Goldin gegründete Aktivistengruppe PAIN protestiert erfolgreich gegen die Finanzierung von Museen durch die Milliardärsfamilie Sackler. Die Sacklers sind reich geworden durch das abhängig machende Schmerzmittel „OxyContin“, von dem Nan Goldin selbst betroffen war.
In Berlin zeigt die Akademie der Künste nun in einer Ausstellung Fotografien von Nan Goldin aus fünf Jahrzehnten und am 3. März bekommt sie den Käthe-Kollwitz-Preis. (Autorin: Pamela Meyer-Arndt)

Die norwegischen Superstars von Röyksopp für „ttt“ | Profound Mysteries – Röyksopp auf Europatournee

„Für uns Menschen ist das, was wir nicht wissen, weitaus wichtiger als das, was wir wissen“ – Svein Berge und Torbjørn Brundtland wollten nichts weniger als den Zustand der Welt und ihrer Bewohner untersuchen, als sie im letzten Jahr das Epos „Profound Mysteries“ veröffentlichten, eine Album-Trilogie, die den Blick auf das mystische Verhältnis zwischen Mensch, Musik und Natur wirft. Entstanden ist eine Liebeserklärung an das Unergründbare. „Als Jugendliche diskutierten wir über unsere eigene Faszination über das Unendliche und Unmögliche, den tiefsten Geheimnissen des Lebens.“ Mit ihrem Sound prägen Röyksopp, so der Name des norwegischen DJ-Duos, bereits seit der Jahrtausendwende die Dance- und Elektrowelt. Auf dem schmalen Grat zwischen Pop- und Indie-Act gehören sie zu den wichtigsten Musikformationen Norwegens. 2001 wurde ihr Debüt Melody A.M. ein Riesenerfolg, die Band in einem Atemzug genannt mit Air, Massive Attack, Portishead.
Zwei Jahrzehnte später nun ihr bisher ambitioniertestes Projekt: Gleich 30 Kurzfilme sind entstanden, um die drei Alben voller „Profound Mysteries“ zu visualisieren. Und die Band geht auf große Europatournee.
„ttt“ ist in Berlin dabei und begibt sich mit Röyksopp in die tiefen Wälder Norwegens. (Autor: Marcus Fitsch)

Der Osten: eine westdeutsche Erfindung

Wer hierzulande vom Osten spricht, meint gemeinhin die sogenannten neuen Bundesländer. Das sind die, denen vor 30 Jahren die blühenden Landschaften vorhergesagt wurden. Das hat vielerorts auch geklappt. Städte wie Leipzig oder Weimar, aber auch viele Dörfer zwischen Rostock und Annaberg-Buchholz stehen optisch in vollem Glanz. Umso mehr wundert es, dass, wenn heutzutage das Wort „Osten“ fällt, gleich eine ganze Assoziationskette von Zuschreibungen in Gang kommt. Unzufrieden, extremistisch, rassistisch und undankbar, sind die gängigen Attribute, die mit dem „Osten“ einhergehen. Über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung gelte der „Westen“ schlechthin als die Norm und der „Osten“ als die Abweichung, diagnostiziert der Literaturwissenschaftler Dirk Oschmann. Der Literaturprofessor von der Uni Leipzig wagt in seinem Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ eine Bestandsaufnahme des kommunikativen Gefälles zwischen West und Ost. Er möchte damit einen Diskurs anregen über „die 30-jährige Geschichte individueller und kollektiver Diffamierung, Diskreditierung und eiskalter Ausbootung“, wie er im Interview sagt. „ttt“ stellt das Buch und den Autor vor. (Autoren: Hans-Michael Marten, Jens-Uwe Korsowsky)

Martha Nussbaum – „Gerechtigkeit für Tiere“

Dass Menschen den Tieren das Leben schwermachen, sie oft bewusst, noch häufiger aber unbewusst, quälen, daran besteht kein Zweifel. Wie also können wir die Rechte der Tiere stärken? Mit dieser Frage beschäftigt sich Martha Nussbaum, eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart, in ihrem neuen Buch ‚Gerechtigkeit für Tiere – Unsere kollektive Verantwortung‘. Nussbaum beansprucht einen geradezu revolutionären Ansatz: Tiere, so sagt sie, müssen nicht nur als eigenständige Subjekte verstanden werden, denen man selbstverständlich keine Gewalt zufügen darf. Sie geht einen entscheidenden Schritt weiter und fordert, jedes einzelne Tier, das über eine eigene Sicht der Welt verfügt, muss das Recht haben, alle seine Fähigkeiten entsprechend seiner Art auszuleben. Diese Forderung geht weit über bereits herrschende Tier- und Naturschutzgesetze hinaus. Sie erfordert ein komplettes Umdenken und zwar weltweit. Eine Utopie? Vielleicht, aber Unterstützung bekommt die Philosophin Martha Nussbaum auch von Juristen wie Professor Jens Kersten. Beide fordern, gar nicht philosophisch, sondern handfest juristisch, dass Tiere zum Rechtssubjekt gemacht werden müssen. Denn: Ohne Klagerecht kann es keine Gerechtigkeit geben. (Autorin: Petra Böhm)

Preisträger

Die/ der Berlinale-Gewinner (Autorin: Andrea Lueg)

Moderation: Siham El-Maimouni

„ttt – titel thesen temperamente“ ist am Sendetag ab 20:00 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar.

Im Internet unter www.DasErste.de/ttt

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