Potsdam

Verwaltung legt Baumzustandsbericht 2021/22 vor

Dramatische Abnahme der Vitalität von Stadtbäumen / Pflegeaufwand und Fällungen erneut gestiegen

Die Verwaltung legt den 1. Folgebericht zum Baumzustandsbericht 2021 der Stadtverordnetenversammlung vor. Der Bericht zum Zustand der Potsdamer Stadtbäume bezieht sich auf die Vitalitätsentwicklung der Bäume im Straßenbegleitgrün und auf den Grünflächen der Stadt. Als Datengrundlage wurden Daten und Messungen aus den Jahren von 2017 bis 2022 herangezogen. Sie dokumentieren die Wirkungen der Umweltfaktoren auf den Baumbestand und lassen Prognosen auf weitere Entwicklungen zu.

„Wir hatten eine weitere, witterungsbedingte Verschlechterung der Baumgesundheit in unserer Stadt erwartet. Dass es uns aber so hart treffen würde, haben selbst die Fachleute nicht erwartet. Die klimabedingten Veränderungen unserer Umwelt sind nicht irgendwo zu finden, sondern mitten in der Stadt, direkt vor unseren Haustüren“, sagt Lars Schmäh, Fachbereichsleiter Klima, Umwelt und Grünflächen.

Die rd. 126.000 Bäume auf öffentlichen Grünflächen und Friedhöfen leiden unter vielen Faktoren:

Lange Trockenperioden mit Wassermangel, große Hitzebelastungen, schwierige Böden, Verdichtungen der Wurzelräume durch parkende Autos, Streusalz und Schäden aus Vandalismus oder unfachmännischer Bautätigkeit setzen dem Baumbestand erheblich zu. In der Kombination führt dies immer häufiger zum Absterben von Bäumen, die die Potsdamerinnen und Potsdamer teilweise sogar über Jahrhunderte begleitet haben. „Der Verlust der alten Baumriesen, z.B. der Blutbuche auf der Freundschaftsinsel, wirkt nicht selten wie der Verlust eines alten Freundes. Den kann man durch Nachpflanzung nicht ganz ersetzen. Daher braucht der Baumschutz in der Stadt eine wachsende Aufmerksamkeit“, ergänzt Herr Schmäh.

Deshalb werden unter Einsatz moderner Methoden aus Luftbildern, Oberflächenmodellen und Satellitendaten Informationen über den Baumbestand generiert und analysiert. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei einem Blattfarbenindex geschenkt. Denn die Blattfarbe verrät viel über die Gesundheit eines Baumes. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache, der Trend geht in Richtung Zunahme an Vitalitätsverlusten.

Mehr Schäden an Bäumen bedeutet auch höherer Pflegeaufwand. Der wuchs von 2017 zu 2022 um 53% an. Auch die Baumfällungen steigen dramatisch. Während 2017 noch 351 Bäume wegen mangelnder Verkehrssicherheit gefällt werden mussten, waren es in 2022 mit 1276 Fällungen schon fast viermal so viele.

Als Folge dieser Entwicklungen hat sich die Belastung des städtischen Haushalts ebenfalls rasant verändert, von 845 T€ in 2017 auf ca. 3 Mio.€ in 2023.

Die Stadt schätzt die erkennbaren Trends so ein, dass sich in bereits 10 Jahren der aktuelle Altbaumbestand von 40.000 Bäumen auf 20.000 halbiert haben könnte. Ebenso erwartet sie, dass der Pflegeaufwand und die Pflanzkosten weiter ansteigen. Das durchschnittliche Lebensalter der Bäume lag vor 10 Jahren noch bei 70-80 Jahren, rechnet man aktuell nur noch mit einer Lebenserwartung von ca. 45-50 Jahren. Reliktbäume mit über 100 Jahren werden nur noch sehr vereinzelt vorzufinden sein.

Die Entwicklungen stellen den Baumschutz in der Stadt vor erhebliche Herausforderungen. Der Situation begegnet die Landeshauptstadt daher mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen wie

  • Ausbau der mobilen und stationären Bewässerung
  • Tiefenbewässerung von Altbäumen
  • Berücksichtigung klimaresistenter Artenauswahl bei Nachpflanzungen
  • Durch den hohen Bedarf an besonders trockenresistenten nicht heimischen Baumarten die an die örtlichen Standortbedingungen angepasst sind, ist zu prüfen ob eine eigene Baumschule notwendig ist. Hier ist eine Kooperation mit dem SPSG vorstellbar.
  • Die Aufklärung und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger sind zu verbessern.
  • Um den steigenden finanziellen Aufwendungen für externe Dienstleister entgegen zu wirken, sollte die Einführung eigener städtischer Baumpflegeteams geprüft werden.

Flankierende Maßnahmen wie die Weiterentwicklung im Bereich digitaler Baum und die Nutzung von Fördertöpfen sollen ebenfalls helfen, eine adäquate Antwort auf den Klimaeinfluss auf den im Baumbestand zu finden.

„Die Stadt ist sich der positiven Wirkungen der stadtbäume auf die Lebensqualität in den Siedlungsräumen bewusst. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, die sich bietenden Chancen zum Schutz und zur Weiterentwicklung unseres Baumbestandes zu nutzen“, so Herr Schmäh.

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