Medien/Kultur

Antje Kapek (Grüne): „Ich saß zuhause wie ein Junkie ohne Drogen und wusste nichts mehr mit mir anzufangen“

Berlin (ots)

 

Die ehemalige Berliner Spitzenpolitikerin der Grünen, Antje Kapek, spricht auf rbb 88.8 offen über die Unbarmherzigkeit im Politikbetrieb.

Kapek war im Februar 2022 wegen körperlicher Erschöpfung überraschend von Amt der Fraktionsvorsitzenden zurückgetreten. Abgeordnete ihrer Fraktion blieb sie auch danach. In dem Interview mit Ingo Hoppe spricht sie über die Zeit nach ihrem Rückzug. Es sei der „schwerste Moment ihres bisherigen Lebens“ gewesen, so Kapek.

„Ich saß zuhause wie ein Junkie ohne Drogen und wusste nichts mehr mit mir anzufangen“, beschreibt Kapek über die ersten Tage und Wochen nach dem Rückzug. Das Telefon habe nicht mehr geklingelt, sie sei sofort aus allen Verteilern geworfen worden, sagte sie auf rbb 88.8.

„Ich habe ehrlicherweise Wochen gebraucht, bis ich an dem Punkt war, an dem ich angefangen habe, meine Abendkleider zu bügeln oder Möbel zu schleifen und zu lackieren.“

Menschen in der Öffentlichkeit, insbesondere Politiker und Politikerinnen, würden zu streng beurteilt. Sie fordere deshalb mehr Nachsicht, wenn es um menschliche Bedürfnisse gehe. „Ich glaube, dass es da eine Unbarmherzigkeit gibt.“

Mit ihrer Erschöpfung sei sie kein Einzelfall, sagte Kapek weiter auf rbb 88.8. „Es gibt viele andere (Politiker Anm. d. R.), die zittern, die sind grau im Gesicht, die trinken viel zu viel Rotwein oder schlafen regelmäßig für zwei, drei, vier Sekunden ein und das sind alles heftige Erscheinungen von Erschöpfung, Überlastung und Überarbeitung und das muss benannt werden.“

Sie wolle sich nach ihrer Auszeit wieder stärker in die Politik einmischen, so Kapek weiter. „Ich möchte künftig wieder gestalten und auch Teil einer Regierung sein“.

Antje Kapek schreibt über Ihre Erfahrungen nach dem Rückzug vom Spitzenamt ein Buch, das im Oktober unter dem Titel „Macht und Müdigkeit“ im Kösel Verlag erscheinen wird.

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