Politik

Beschluss Gemeinsame Flüchtlingspolitik von Bund und Ländern, Sonder-MPK am 10. Mai 2023

Gemeinsame Flüchtlingspolitik von Bund und Ländern: Unterstützung der Kommunen, gesteuerter Zugang, beschleunigte Verfahren, verbesserte Rückführung

Die Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine am
24. Februar 2022 stellen Bund, Länder und Kommunen weiterhin vor große Herausforderungen. Dies betrifft u.a. neben Fragen der Energiepolitik auch Fragen des
Umgangs mit Geflüchteten und Vertriebenen. Diese Situation ist in der Folge durch
das sonstige Fluchtgeschehen noch verschärft worden.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
haben im April und November 2022 Verabredungen getroffen, um auf die Situation zu
reagieren. Sie haben dabei insbesondere Beschlüsse zur vollständigen Registrierung
und gerechten Verteilung der Geflüchteten, zur raschen Integration in Schule und
Arbeit sowie zur finanziellen Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen im
Bereich Fluchtmigration gefasst. Sie haben hinsichtlich der finanziellen Unterstützung
der Länder und Kommunen durch den Bund außerdem vereinbart, Ostern 2023 über
die weiteren Entwicklungen zu sprechen.
Die Verabredungen betrafen ebenso wenig wie die folgenden Beschlüsse Fragen der
regelbasierten und geordneten Migration.
Im letzten Jahr ist auch die Zahl der Geflüchteten aus anderen Staaten in Deutschland
deutlich angestiegen. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres sind die Zugangszahlen aus Drittstaaten hoch. Die Zugangszahlen von Schutzsuchenden aus anderen Staaten als der Ukraine sind 2022 gegenüber 2019 (dem letzten Jahr vor der CoronaPandemie) um ca. 50 Prozent gestiegen. Die aktuell Zuflucht suchenden Menschen
kommen dabei nicht nur aus der Ukraine, sondern zunehmend aus anderen Drittstaaten. Die Asylerstanträge haben in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 um
78,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugenommen.
Bund, Länder und Kommunen stehen bei der Aufnahme und Versorgung der
Geflüchteten weiterhin zu ihrer humanitären Verantwortung. Die Kommunen leisten
derzeit Herausragendes. Sie schultern die maßgeblichen Aufgaben vor Ort und
verdienen dafür höchste Anerkennung. Dazu gehört insbesondere die Verantwortung
von der Aufnahme und Unterbringung bis zur Integration. Vor allem die Kommunen
stoßen jedoch sowohl mit Blick auf die vorhandenen Unterbringungskapazitäten als
auch in finanzieller Hinsicht an ihre Grenzen. Die Hilferufe und Überlastungsanzeigen
der Kommunen, Ehrenamtlichen und sonstigen Akteure vor Ort, die in den letzten
Jahren unter schwierigen Rahmenbedingungen Großartiges geleistet haben, werden
ernst genommen. Das gilt auch für die Ehrenamtlichen, die ebenfalls an ihre Grenzen
stoßen.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
sind sich darüber einig, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die mit der
Aufnahme und Begleitung Schutzsuchender einhergehenden Aufgaben auch künftig
gut bewältigen zu können. Entscheidende Maßnahmen sind auf europäischer Ebene
anzugehen. Dafür setzt sich die Bundesregierung bei der Europäischen Kommission
und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein. Andere Maßnahmen können
vom Bund, den Ländern und Kommunen unmittelbar umgesetzt werden.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
sind sich einig, dass zur Bewältigung der oben genannten Herausforderungen
vorrangig folgende Bereiche anzugehen sind:
• unter Wahrung der humanitären und rechtlichen Verpflichtungen Deutschlands
den Zugang der Geflüchteten stärker zu steuern,
• die Zahl und den Status der nach Deutschland gekommenen Menschen so früh
wie möglich zu erfassen,
• Verfahren zu beschleunigen und hierzu auch administrative Prozesse im Inland konsequent zu digitalisieren,
• eine angemessene Unterbringung, Betreuung und Integration der Geflüchteten zu
gewährleisten,
• Personen, die nicht bin Deutschland bleiben können, konsequent zurückzuführen.
Insbesondere müssen Straftäterinnen und Straftäter zügig zurückgeführt werden.
Bund, Länder und Kommunen haben in zwei Spitzengesprächen im Bundesministerium des Innern und für Heimat hierzu erste Maßnahmen identifiziert.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
treffen folgende Vereinbarung:
1. Gemeinsame finanzielle Lastentragung
Bund, Länder und Kommunen haben in den vergangenen Jahren viele Finanzmittel
aufgewendet, um im Zusammenhang mit der Fluchtmigration eine menschenwürdige
Aufnahme der Schutzsuchenden zu gewährleisten.
Die Kommunen tragen die Grundlast der administrativen Behandlung des Themas von
der Unterbringung bis zur Integration. Vor dem Hintergrund eines ohnehin
angespannten Wohnungsmarktes stellt die angemessene Unterbringung der
Geflüchteten die Kommunen vor große Herausforderungen. Sie haben gleichzeitig die
Integration in die örtliche Gemeinschaft zu organisieren. Dazu gehört insbesondere die
sprachliche und sonstige Eingliederung.
Die Länder haben finanzielle Aufwendungen in großer Höhe, insbesondere bei Kita
und Schule sowie in den Bereichen Unterbringung, Lebensunterhalt und Integrationsleistungen. Sie halten Erstaufnahmeeinrichtungen vor und bauen diese aus.
Der Bund wendet Finanzmittel in großer Höhe auf, mit denen Länder und Kommunen
unmittelbar und mittelbar entlastet werden. Der Bund wird diese finanzielle
Unterstützung auch in den kommenden Jahren fortführen, insbesondere durch die
Flüchtlingspauschale, die Zahlung von Bürgergeld an hilfsbedürftige Geflüchtete aus
der Ukraine und an anerkannte Asylsuchende sowie durch die mietzinsfreie
Überlassung von Gebäuden und Grundstücken des Bundes.

Der Bund wird für das Jahr 2023 die Flüchtlingspauschale an die Länder um eine
Milliarde Euro erhöhen, damit die Länder dabei unterstützt werden, ihre Kommunen
zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
sind sich einig, dass es sich bei der Bewältigung der Fluchtmigration um eine
dauerhafte Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen handelt. Vor diesem
Hintergrund wollen Bund und Länder miteinander klären, wie die Finanzierung dieser
Aufgabe in Zukunft geregelt werden kann. Aus Sicht der Länder bedarf es eines
atmenden Systems, bei dem sich die finanzielle Unterstützung des Bundes an den
Zugangszahlen der Geflüchteten orientiert. Neben einer Dynamisierung sollten aus
ihrer Sicht die Elemente des sogenannten 4-Säulen-Modells enthalten sein (vollständige Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung für Geflüchtete im SGB II,
monatliche pro-Kopf-Pauschale, Integrationskosten, Kosten für unbegleitete Minderjährige). Aus Sicht des Bundes wurde ein atmendes System für die Unterstützung der
Länder und Kommunen bereits etabliert.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
werden bei ihrer regulären Zusammenkunft im November 2023 über diese Frage
entscheiden. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird diese Entscheidung vorbereiten.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
werden bei ihrer regulären Zusammenkunft Mitte Juni 2023 den Zwischenstand
beraten.
2. Steuerung des Zugangs
Um Bund, Länder und Kommunen zu entlasten, ist die irreguläre Migration spürbar zu
reduzieren.
2.1 Abschluss von Migrationspartnerschaften
Um ausreisepflichtige Personen in ihre Herkunftsländer zurückzuführen, ist es notwendig, die Kooperation mit zahlreichen Herkunftsländern zu verbessern. Die Bundesregierung wird die Gespräche mit wichtigen Herkunftsstaaten intensiviert vorantreiben,
um mit ihnen bei der Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen zu kooperieren. Dazu
gehört auch der Abschluss weiterer Migrationsabkommen nach dem Vorbild des mit der Republik Indien im Dezember 2022 abgeschlossenen Abkommens über eine
umfassende Migrations- und Mobilitätspartnerschaft. Der zum 1. Februar 2023
eingesetzte Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen
wird den Abschluss weiterer Migrationsabkommen vorbereiten.
Die Bundesregierung wirkt auf die Herkunftsländer ein, damit sie in Deutschland oder
anderen Mitgliedstaaten der EU ausgestellte sog. Laissez-Passer-Dokumente bei der
Rückkehr akzeptieren. Ziel aller partnerschaftlichen Abkommen wird die Eindämmung
irregulärer Migration und die Förderung regulärer Migration sein. Auch die Thematik
der Personen ohne geklärte Staatsangehörigkeit wird angemessen zu bewältigen sein.
Die Bundesregierung wird bei etwaigen Bundesaufnahmeprogramme die begrenzten
Kapazitäten von Ländern und Kommunen berücksichtigen und sich eng mit den
Ländern abstimmen. Es erfolgt wie bisher eine frühzeitige Information der Länder.
2.2 Maßnahmen des Bundes für eine bessere Kooperation auf europäischer
Ebene
Auf europäischer Ebene sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Kontrolle und
den Schutz der EU-Außengrenzen wirksamer auszugestalten. Die für die Kontrolle und
Registrierung von Asylsuchenden verantwortlichen Außengrenzenstaaten müssen
durch einen Solidaritätsmechanismus unterstützt werden. Ziel der Asyl- und Flüchtlingspolitik muss es bleiben, ein solidarisches Verteilungssystem zu erreichen.
Dies beinhaltet auch ein funktionierendes Dublin-Verfahren. Die Bundesregierung wird
sich innerhalb der Europäischen Union weiter dafür einsetzen, dass eine verbindliche
Vereinbarung zur Aufnahme Geflüchteter zwischen allen Mitgliedstaaten getroffen
wird. Bund und Länder ergreifen die in ihrer Zuständigkeit liegenden Maßnahmen zur
Optimierung der Aufgriffsverfahren, damit Dublin-Überstellungen innerhalb der maßgeblichen Überstellungsfrist nach der Dublin-III-Verordnung erfolgen. Zur Wahrung der
Fristen nach der Dublin-III-Verordnung ist insbesondere eine frühzeitige Information
des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über Aufgriffsfälle notwendig.
Der Bund hat ein optimiertes Aufgriffsverfahren für die verbesserte Zusammenarbeit
der Behörden bei Bund, Ländern und Kommunen erarbeitet; die Länder werden dieses
optimierte Aufgriffsverfahren zeitnah anwenden und nutzen.

Die Bundesregierung setzt sich auf europäischer Ebene nachdrücklich dafür ein, dass
sämtliche aktuellen Reformvorschläge zur europäischen Asyl- und Migrationspolitik
(inkl. Screening, Eurodac, Asylgrenzverfahren, Sichere-Staaten-Konzepte, DublinReform, Solidaritätsmechanismus) bis Ende der Legislaturperiode des Europäischen
Parlaments (Frühjahr 2024) mit diesem geeint werden.
Die Bundesregierung tritt in den laufenden Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) auf europäischer Ebene für verpflichtende
Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen für bestimmte Personengruppen ein. Damit
soll erreicht werden, dass diejenigen ein möglichst schnelles, rechtsstaatliches Asylverfahren an der Außengrenze durchlaufen, bei denen voraussichtlich eine geringe
Chance auf Zuerkennung von internationalem Schutz besteht. Dazu ist für diese
Geflüchteten an der Außengrenze die Identität festzustellen, die Entscheidung über
Asylanträge zu treffen und sind Rückführungen unmittelbar durchzuführen.
Die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX muss gestärkt werden, um unerlaubte Einreisen zu reduzieren.
2.3 Maßnahmen für einen besseren Schutz der Grenzen
Die Zuständigkeit für den Schutz einer EU- bzw. Schengen-Außengrenze liegt bei dem
jeweiligen EU- bzw. Schengen-Mitgliedstaat. Deutschland wird sich auch weiter mit
Einsatzkräften von Bund und Ländern an der Unterstützung der besonders betroffenen
Außengrenzenstaaten beteiligen. Der Bund unterstützt zudem den bereits weit fortgeschrittenen Aufbau EU-weiter elektronischer Registrierungssysteme, um Einreisen
und Ausreisen systematisch registrieren zu können.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
unterstützen den Aufruf des Europäischen Rates an die Europäische Kommission vom
9. Februar 2023, unverzüglich umfangreiche Finanzmittel und Ressourcen der EU zu
mobilisieren, um die Mitgliedstaaten beim Ausbau von Grenzschutzkapazitäten und
Grenzschutzinfrastruktur, Mitteln für die Überwachung und Ausrüstung zu unterstützen.

Der Bund führt wie bisher grenzpolizeiliche Maßnahmen auch an den deutschen
Schengen-Binnengrenzen durch und orientiert sich dabei an der Lageentwicklung im
Bereich der irregulären Migration an den jeweiligen Grenzabschnitten zu den Anrainerstaaten. Die vorübergehenden Grenzkontrollen zu Österreich wurden verlängert.
Aufgrund der derzeitigen Dynamik des Migrationsgeschehens wird die Schleierfahndung an allen deutschen Binnengrenzen vorgenommen und lageabhängig
intensiviert. Mit der Schweiz wurde ein Aktionsplan vereinbart. Außerdem hat die
Bundesregierung gemeinsam mit anderen erfolgreich darauf hingewirkt, dass Serbien
seine Visa-Praxis ändert. Der Bund hat in den letzten Jahren zudem verstärkt in den
Schutz von EU-Außengrenzen und in die Bekämpfung von Fluchtursachen investiert.
Lageabhängig wird der Bund das im Verhältnis zu Österreich bestehende Grenzsicherungskonzept auch an anderen Binnengrenzen Deutschlands nach Konsultation
mit den betreffenden Ländern der Bundesrepublik Deutschland etablieren.
3. Verteilung und Registrierung von neuankommenden Geflüchteten
Die Erfassung und Registrierung von neuankommenden Geflüchteten haben sich auch
angesichts der Vielzahl der aus der Ukraine Geflüchteten mittlerweile weitgehend
eingespielt. Um eine vergleichbare Belastung bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu
erreichen, werden Asylsuchende und andere Gruppen Schutzsuchender auch
weiterhin nach den Quoten des Königsteiner Schlüssels auf die Länder verteilt. Um
besser zu gewährleisten, dass die Aufnahmen der Schutzsuchenden in den Ländern
den vereinbarten Quoten entsprechen, werden die Verfahren der Verteilung von den
Ländern überprüft.
4. Beschleunigung und Digitalisierung von Verfahren
4.1 Entlastung durch einfachere Verfahren und Digitalisierung
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ausländerbehörden vor Ort leisten einen
unschätzbaren Beitrag für das Funktionieren unseres Rechtsstaats. Sie sind aufgrund
der aktuellen Migrationslage, aber auch in Anbetracht ihrer Verantwortung für die
Umsetzung zahlreicher zentraler aufenthaltsrechtlicher Neuerungen des Gesetzgebers, außerordentlich gefordert. Gemeinsames Ziel von Bund und Ländern ist es,
die Ausländerbehörden in ihrer Leistungsfähigkeit deutlich zu stärken.

Dazu gehören Entlastungen durch Änderungen im Aufenthaltsrecht wie insbesondere
in der Mitwirkung im Visumsverfahren und bei der Geltungsdauer von Aufenthaltserlaubnissen. Wichtig ist auch, dass bei künftigen Rechtsänderungen Praktikerinnen
und Praktiker aus Kommunen und Ländern frühzeitig einbezogen werden.
Weitere Entlastungen sollen zügig durch Digitalisierung erreicht werden. Die Länder
werden im kommunalen Bereich umgehend auf eine komplette Digitalisierung
sämtlicher einschlägiger Verwaltungsverfahren hinwirken, wo dies noch nicht
geschehen ist.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
bekräftigen in diesem Zusammenhang ihren Beschluss vom 2. November 2022. Sie
eint das Ziel, wo immer möglich Online-Zugangswege zu schaffen, alle Arbeitsprozesse der beteiligten Behörden und Einrichtungen so schnell wie möglich und so
umfassend wie möglich zu automatisieren, den Datenaustausch medienbruchfrei und
die Speicherung und Weiterverarbeitung von Daten in einheitlichen Standards
umzusetzen.
Sie nehmen in Aussicht, zu den konkreten Umsetzungsschritten bei ihrer regulären
Zusammenkunft Mitte Juni 2023 zu entscheiden. Dazu gehört unter anderem:
– Die vollständige Überführung der lokalen Ausländerdateien innerhalb einer im Juni
festzulegenden Frist in das Ausländerzentralregister (AZR),
– die zeitnahe, fehlerfreie und vollständige Datenübermittlung an das AZR sowie die
regelmäßige Prüfung und Aktualisierung der Daten,
– der Datenabgleich zwischen dem AZR und den lokalen Datenbeständen und der
daraus folgenden Korrekturen,
– hierzu eine elektronische Akte bis zu einer im Juni festzulegenden Frist einzuführen
und zu nutzen,
– alle relevanten Informationen im oder über das AZR speichern und abrufen zu
können, auch aus den Bereichen Integration, Arbeitsmarktzugang und soziale
Leistungen,
– der weitere Ausbau des AZR, um als zentraler Speicherort und zentrale Drehscheibe für Daten der beteiligten Behörden und Einrichtungen zu dienen,

  • zwecks Vereinfachung und Erleichterung der qualitativen Fortentwicklung die
    Nutzung der eingeführten Standards zum Datenaustausch von allen Beteiligten
    und
  • dass bis zu einer im Juni festzusetzenden Frist verpflichtend der elektronische Austausch von Nachrichten und Daten unter Nutzung des etablierten Datenaustauschformats erfolgt.
    Darüber hinaus wird im Juni entschieden, wie den Kommunen im Rahmen der
    Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) OZG-Services für das Ausländerwesen zur Verfügung gestellt werden können.
    Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
    sind sich darüber einig, dass alle Verfahrensbeteiligten (z.B. BAMF, Verwaltungsgerichte, Ausländer- und Sozialbehörden) personell und organisatorisch so aufgestellt
    sein müssen, dass die hohen Zahlen asylverfahrens-, aufenthalts- und leistungsrechtlicher Einzelfälle angemessen bewältigt werden können.
    4.2 Beschleunigung der Asylverfahren in den Kommunen und im BAMF
    Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
    halten insbesondere zügige Registrierungen und eine anschließende schnelle Zuführung der Asylsuchenden zum BAMF für notwendig und streben eine Asylantragstellung binnen zwei Wochen und eine Anhörung beim BAMF binnen vier Wochen an;
    die Länder gewährleisten eine Mindestverweildauer der Asylantragstellerinnen und –
    antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung innerhalb dieser Fristen.
    Sie sind sich darüber einig, dass für Staatsangehörige aus Staaten, die eine EUBeitrittsperspektive besitzen, die Asylverfahren beschleunigt durchgeführt werden
    sollen (Art. 16a Abs. 3 Grundgesetz). Dies gilt insbesondere für Georgien und Moldau.
    Auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen
    Verhältnisse ist in diesen Staaten gewährleistet, dass weder politische Verfolgung
    noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Die
    Bundesregierung wird zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegen.

4.3Bessere Ausstattung der Verwaltungsgerichte für asyl- und aufenthaltsgerichtliche Verfahren
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
halten es für wichtig, dass die Asylgerichtsverfahren weiter beschleunigt werden.
Der Bund hat daher mit dem zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Gesetz zur
Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen, die durch eine bundesweite Vereinheitlichung der asylgerichtlichen
Rechtsprechung und durch prozessuale Erleichterungen die Dauer der Gerichtsverfahren verkürzen und die Verwaltungsgerichte entlasten werden.
Neben diesen gesetzgeberischen Maßnahmen ist eine hinreichende personelle
Ausstattung der Verwaltungsgerichte erforderlich. In den Jahren 2017 bis 2021 haben
die Länder im richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Bereich rund 2.700 Stellen
neu geschaffen. Hiervon haben auch die Verwaltungsgerichte profitiert. Die Länder
werden weiterhin sicherstellen, dass die für die Asylstreitigkeiten zuständigen
Verwaltungsgerichte organisatorisch und personell in der Lage sind, die anhängigen
Verfahren beschleunigt bearbeiten zu können. Der Bundeskanzler und die
Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder streben an, dass die
Verfahrensdauer bei den Gerichten deutlich reduziert wird.
5. Unterbringung, Betreuung und Integration von Geflüchteten
5.1 Unterstützung bei der Unterbringung
Die Kommunen haben vor dem Hintergrund eines ohnehin angespannten Wohnungsmarktes zunehmend Probleme, die Geflüchteten angemessen unterzubringen. Die
Herausforderung setzt sich bei der Versorgung mit Kita- und Schulplätzen fort. Das
liegt auch, aber nicht nur am Umfang der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.
Der Bund unterstützt Länder und Kommunen durch die mietfreie Überlassung von
Bundesliegenschaften. Außerdem erstattet die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
(BImA) die Herrichtungskosten, die zur erstmaligen Unterbringung von Geflüchteten
und Asylsuchenden aufgewendet worden sind. Er wird seine Zusage zur Bereitstellung
von weiteren nutzbaren Liegenschaften der BImA erfüllen. Die BImA wird dabei auch
Hinweisen auf geeignete Liegenschaften von Ländern und Kommunen konsequent nachgehen. Die Länder halten Erstaufnahmekapazitäten vor und werden sie weiter
bedarfsgerecht ausbauen.
5.2 Gesetzliche Änderungen zur Unterbringung von Geflüchteten
Daneben werden weitere Erleichterungen von bau- und vergaberechtlichen
Regelungen sowohl für Flüchtlingsunterkünfte als auch für soziale Einrichtungen,
Schulen und Kitas zeitnah umgesetzt. Die Sonderregelungen für die Flüchtlingsunterbringung (§ 246 BauGB) werden nochmals um weitere drei Jahre bis zum
31. Dezember 2027 verlängert. Länder und Kommunen werden prüfen, wie der
Vollzug der Regelungen – auch durch gegebenenfalls nötige Änderungen des
jeweiligen Bauordnungsrechts – beschleunigt werden kann.
Der Bund strebt darüber hinaus Vereinfachungen und Beschleunigungen im Vergaberecht sowie eine befristete Erhöhung der Wertgrenzen zur Vergabe von Bauaufträgen
im Wohnungsbau unterhalb der Schwellenwerte der Europäischen Union (EU) an.
Länder und Kommunen werden prüfen, wie sie die Vergabeverfahren auf Landes- und
kommunaler Ebene – auch im Hinblick und unter Nutzung der bestehenden Spielräume im europäischen Vergaberecht – beschleunigen können. Bund und Länder
streben an, die unterschiedlichen Wertgrenzen für Vergabeerleichterungen anzugleichen und dabei auf höherem Niveau zu konsolidieren.
Der Mangel an Wohnraum hat zur Folge, dass es Ländern und Kommunen immer
weniger möglich ist, bei der Unterbringung der Menschen nach ihren gesetzlichen
Leistungsansprüchen zu differenzieren. Nicht selten ist es notwendig, auch solche
Menschen in Gemeinschaftsunterkünften mit Vollverpflegung unterzubringen, die
Anspruch auf den vollen Regelsatz in Geldleistung haben. Um die dadurch entstehende Ungleichbehandlung gegenüber anderen Leistungsbeziehern, zu beenden,
streben der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der
Länder eine zügige gesetzliche Regelung im SGB II und ggf. auch für das SGB XII an.
5.3 Krisenfeste Integrationsinfrastruktur für Deutschland
Deutschland braucht eine bundesweite, krisenfeste Integrationsinfrastruktur, die
Integration von Anfang an ermöglicht. Der Bund wird migrationsspezifische Beratung,
Erstorientierungs- und Integrationskurse des BAMF sowohl quantitativ als auch qualitativ bedarfsgerecht ausbauen. Die Integration in den Arbeitsmarkt bleibt eine
Herausforderung. Bundesgesetzlich sind bereits weitgehende Möglichkeiten zur
Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge geschaffen worden. Der Bund hat mit dem am
31. Dezember 2022 in Kraft getretenem Chancen-Aufenthaltsrechtsgesetz den
Arbeitsmarktzugang für Geduldete erleichtert. Außerdem wurden mit dem Gesetz für
diejenigen, die seit mehreren Jahren gut integriert sind, arbeiten und sich rechtstreu in
Deutschland aufhalten, die Chancen auf einen gesicherten Aufenthaltsstatus deutlich
verbessert. Die Anerkennung von Berufsqualifikationen soll vereinfacht werden. Bund
und Länder setzen sich für eine zügige und einheitliche Anerkennung von Berufs- und
Bildungsabschlüssen sowie für eine Digitalisierung der Anerkennungsverfahren ein.
Eine Anerkennungsberatung und Angebote zur Feststellung informeller Kompetenzen
sind dabei hilfreich. Die Länder wirken auf eine ausreichende personelle und
technische Ausstattung der Anerkennungsstellen hin. Länder und Kommunen werden
im Hinblick auf die von ihnen vorgehaltenen Integrationsangebote Verbesserungen
vornehmen.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
bitten die Integrationsministerinnen und Integrationsminister von Bund und Ländern,
weiter daran zu arbeiten, wie die jeweiligen integrationsbezogenen Leistungen der
Länder und des Bundes so ausgestaltet werden können, dass sie im Interesse von
mehr Kohärenz und Effizienz für die Phase der Erstintegration ineinandergreifen.
6. Konsequente Rückführung
6.1 Verbesserungen bei Durchsetzung der Ausreisepflicht
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
stimmen darin überein, dass bestandskräftige Ausweisungen vollzogen werden
müssen. Zur Entlastung von Ländern und Kommunen ist ein effektives Rückführungsmanagement für Personen ohne Bleiberecht von großer Bedeutung. Um zu
Verbesserungen bei der Durchsetzung vollziehbarer Ausreisepflichten zu kommen,
wird die Bundesregierung die laufenden Anstrengungen intensivieren, mit den
relevanten Herkunftsstaaten stabile und praxiswirksame Vereinbarungen über die
Rücknahme ihrer Staatsangehörigen abzuschließen und umfassend und konsequent
auf die tatsächliche Umsetzung dieser Abkommen ebenso wie der Dublin-III-Verordnung hinzuwirken. Darüber hinaus soll die Rückkehrkooperation der Herkunftsländer und der Dublin-Vertragsstaaten durch weitere geeignete Maßnahmen verbessert werden. Um darüber hinaus die Effektivität und die Erfolgsquote insbesondere
bei der Rückführung erheblich straffällig gewordener Ausländer zu erhöhen, werden
die Länder die Zusammenarbeit der Ausländerbehörden und Polizeien z.B. in gemeinsamen Dienststellen forcieren, um alle polizeilichen und ausländerrechtlichen Maßnahmen auszuschöpfen. Für Straftäterinnen und Straftäter sowie Gefährderinnen und
Gefährder in Haft soll das länderübergreifende Rückführungsmanagement gestärkt
werden, damit das Auseinanderfallen örtlicher Zuständigkeiten in Justizvollzug und
Aufenthaltsrecht die Ausweisung und Abschiebung nicht beeinträchtigt. Dazu werden
die Kräfte in den Ländern gebündelt.
Um Fragen bei polizeilichen Aufgriffen von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen –
auch durch die Bundespolizei – sowie in Eilrechtsschutzverfahren jederzeit zügig
klären zu können, stellen Bund und Länder eine durchgängige Erreichbarkeit der
jeweils zuständigen Behörden sicher.
Die Länder werden weiterhin Abschiebungshaftplätze in ausreichender Zahl einrichten
und vorhalten.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
betonen die Bedeutung der Informationsweitergabe von Justizbehörden an Ausländerbehörden und BAMF sowie weitere betroffene Bundes- und Landesbehörden. Die
Länder werden prüfen, ob Anpassungen der Mitteilungsverfahren notwendig sind. Der
Bund wird gesetzlich sicherstellen, dass die Mitteilungen der Justizbehörden an die
Ausländerbehörden und das BAMF und gegebenenfalls weitere betroffene Bundesund Landesbehörden im Zusammenhang mit Strafverfahren erfolgen. Als ein zusätzliches Instrument sollen gemeinsame Fallkonferenzen mit dem Bundesministerium des
Innern und für Heimat zu schwierigen Abschiebefällen etabliert werden.
6.2 Maßnahmen zur Verbesserung der Rückkehr
Die weiterhin hohe Anzahl an Personen, die keinen Schutz in der Bundesrepublik
Deutschland beanspruchen können und bei denen rechtsstaatlich festgestellt worden ist, dass sie Deutschland wieder verlassen müssen, stellt den Bund, die Länder und
die Kommunen vor hohe Herausforderungen.
Bund, Länder und Kommunen werden ihre Anstrengungen zur freiwilligen Rückkehr
und zu Rückführungen nicht-bleibeberechtigter Ausländerinnen und Ausländer
intensivieren. Dies sichert auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Aufnahme
von schutzbedürftigen Flüchtlingen. Dazu gehört insbesondere die Klärung der
Identität mit Beginn des Asylverfahrens, wobei alle Behörden noch enger als bisher
zusammenarbeiten und etwaige rechtliche Hürden beseitigt werden müssen. Die
Beschaffung von Passersatzpapieren wird zum rechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt
eingeleitet.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
stimmen darin überein, dass gesetzliche Regelungen, die Abschiebungsmaßnahmen
verhindern oder zumindest erschweren, anzupassen sind. Dazu gehört, dass Fortdauer und Anordnung von Abschiebungshaft unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein sollen, auch bei Folgeanträgen. Der Verstoß gegen Einreiseund Aufenthaltsverbote werden als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr geregelt und es wird ein behördliches Beschwerderecht eingeführt für den Fall
der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll im Einklang mit dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen von
derzeit zehn auf 28 Tage verlängert werden. Den Behörden soll es erleichtert werden,
auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des Betroffenen in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten zu können. Die Zuständigkeit für richterliche Anordnungen von
Durchsuchungen im Zusammenhang mit Abschiebungen soll bei der ordentlichen
Gerichtsbarkeit liegen; dies wird gesetzlich klargestellt. Es soll außerdem gesetzlich
klargestellt werden, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung haben. Wohnsitzauflagen und räumliche
Beschränkungen sollen künftig von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sein. Die Fälle,
in denen Staatsanwaltschaften zu beteiligen sind, sollen reduziert werden. Das frühzeitige Auslesen von Mobiltelefonen zur Identitätsklärung einer Person soll auch
weiterhin ermöglicht werden; der Bund wird den Anpassungsbedarf prüfen, der sich
aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt.

Der Bund wird im Rahmen eines kohärenten Ansatzes die ihm rechtlich, wirtschaftlich
und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Möglichkeiten zur
freiwilligen Rückkehr und zu Rückführungen für Länder und Kommunen umfassend zu
verbessern. Das bedeutet auch, dass die Überstellung erheblich straffälliger Ausländer
in ihre Herkunftsländer mit Abschiebestopp nicht per se ausgeschlossen werden soll.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
halten es für wichtig, die freiwillige Ausreise zu fördern. Der Bund wird bei der staatlichen Förderung der Rückkehr die nationalen und europäischen Fördermaßnahmen
entlang der Rückkehrkette zielgruppen- und bedarfsgerecht fortentwickeln und ausbauen.

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