Politik

Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbietet sektenartige rechtsextreme Gruppierung „Artgemeinschaft“

Seit den frühen Morgenstunden laufen Durchsuchungsmaßnahmen in zwölf Bundesländern

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat heute die rechtsextremistische, rassistische und antisemitische Vereinigung „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ („Artgemeinschaft“) einschließlich aller Teilorganisationen verboten. Zu diesen Teilorganisationen gehören sogenannte „Gefährtschaften“, „Gilden“, „Freundeskreise“ und das „Familienwerk e.V.“.

Einsatzkräfte der Polizei durchsuchen seit den frühen Morgenstunden die 26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern sowie Räumlichkeiten des Vereins in zwölf Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen).

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Mit der ‚Artgemeinschaft‘ verbieten wir eine sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung. Das ist ein weiterer harter Schlag gegen den Rechtsextremismus und gegen die geistigen Brandstifter, die bis heute NS-Ideologien verbreiten. Diese rechtsextremistische Gruppierung hat versucht, durch eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen.

Die ‚Artgemeinschaft‘ ist mit vielen rechtsextremen und neurechten Gruppierungen vernetzt. Diese Vereinigung verbindet verschiedene Strömungen der extremen Rechten und gefährdet damit die freiheitlich demokratische Grundordnung in besonderem Maße.

Der Rechtsextremismus hat viele Gesichter. Die ‚Artgemeinschaft‘ betrieb die aktive Vermittlung einer in weiten Teilen an den Nationalsozialismus angelehnten Ideologie. Vor allem durch die manipulativ indoktrinierende Erziehung ihrer Kinder und den Vertrieb entsprechender Literatur agierte die ‚Artgemeinschaft‘ anders, aber nicht weniger gefährlich als die neonazistischen ‚Hammerskins‘, die wir in der letzten Woche verboten haben.“

Das Vereinsverbot wurde seit mehr als einem Jahr vorbereitet und Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Maßgeblich waren insbesondere Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie der Landesämter für Verfassungsschutz. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben auch bei diesem Vereinsverbot intensiv zusammengewirkt.

Die „Artgemeinschaft“ ist eine neonazistische, rassistische, fremden- und demokratiefeindliche Vereinigung mit rund 150 Mitgliedern. Sie richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und insbesondere aufgrund antisemitischer Inhalte auch gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

Die „Artgemeinschaft“ verbreitete unter dem Deckmantel eines pseudoreligiösen germanischen Götterglaubens ihr gegen die Menschenwürde verstoßendes Weltbild. Zentrales Ziel war die Erhaltung und Förderung der eigenen „Art“, welche mit dem nationalsozialistischen Terminus der „Rasse“ gleichzusetzen ist. Neben der Ideologie der Rassenlehre weisen Symbolik, Narrative und Aktivitäten des Vereins zudem weitere Parallelen zum Nationalsozialismus auf. So gab der Verein seinen Mitgliedern Anweisungen zu einer richtigen „Gattenwahl“ innerhalb der nord- und mitteleuropäischen „Menschenart“, um das der rassistischen Ideologie des Vereins entsprechend „richtige“ Erbgut weiterzugeben. Menschen anderer Herkunft wurden dagegen herabgewürdigt.

Zweck der nun verbotenen Vereinigung war es, ihre rechtsextremistische Weltanschauung auszuleben und zu verfestigen. Dies erfolgte insbesondere durch die Weitergabe ihrer Ideologie an Kinder und Jugendliche mittels einschlägiger, zum Teil aus der NS-Zeit stammender und nur minimal abgewandelter Literatur. Durch das Betreiben eines vereinseigenen „Buchdienstes“, einer Webseite und von Präsenzen in sozialen Medien wurden auch Nicht-Mitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut ideologisiert, radikalisiert und auch geworben.

Die „Artgemeinschaft“ bildete auch die ideologische Grundlage weiterer rechtsextremer Organisationen wie der „Sturm-/Wolfsbrigade 44“ und der „Heimattreuen Deutschen Jugend e.V.“, die bereits vom Bundesinnenministerium verboten wurden und deren ehemalige Mitglieder daraufhin zum Teil in der „Artgemeinschaft“ aktiv geworden sind.

Das heutige Vereinsverbot untersagt jede Fortführung der Vereinsaktivität durch die bisherigen Mitglieder und jede Aktivität Dritter zugunsten des verbotenen Vereins. Verstöße hiergegen sind Straftaten nach § 20 Vereinsgesetz (bis zur Bestandskraft des Verbots) bzw. nach § 85 Strafgesetzbuch (ab Bestandskraft des Verbots).

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