Potsdam

Die Kognitionswissenschaftlerin Dr. Lisa Schwetlick wird mit dem 17. Potsdamer Nachwuchswissenschafts-Preis ausgezeichnet

In Anerkennung ihrer herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Kognitionswissenschaften wird Dr. Lisa Schwetlick im Rahmen des Einsteintages der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit dem Potsdamer Nachwuchswissenschafts-Preis ausgezeichnet. Am 1. Dezember wird ihr Oberbürgermeister Mike Schubert im Rahmen des Einsteintages der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften den mit 5.000 Euro dotierten Preis im Nikolaisaal überreichen.

Dr. Lisa Schwetlick hat ihre Dissertation „Datenassimilation neurokognitiver Modelle für Augenbewegungen“ im DFG-Sonderforschungsbereich Data Assimilation an der Universität Potsdam angefertigt und ihre Promotion 2023 mit „summa cum laude“ abgeschlossen.

Die Landeshauptstadt Potsdam hat Preis initiiert, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Region Potsdam für besondere Leistungen am Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn auszuzeichnen. Oberbürgermeister Mike Schubert begrüßt die Juryentscheidung: „Ich bin begeistert, welche exzellenten Ideen ihren Ursprung in Potsdam haben! Sie tragen zum Ansehen Potsdams als Stadt einer lebendigen und zukunftsorientierten Wissenschaft bei. Dass mit der in diesem Jahr ausgewählten Arbeit von Dr. Lisa Schwetlick ein Forschungsschwerpunkt der Universität Potsdam in den Fokus gerückt wird, freut mich.“

Jurymitglied Prof. Ralf Engbert unterstreicht dies: „Die Arbeit ist ein herausragendes Beispiel für die aktuellen Forschungsanstrengungen in den Kognitionswissenschaften, menschliches Verhalten durch mathematische Modelle zu beschreiben und mittels Computersimulation vorherzusagen. Zukünftige Arbeiten werden es erlauben, neue Innovationen in so unterschiedlichen Anwendungsfeldern wie der Diagnostik der individuellen kognitiven Entwicklung oder des Lernverhaltens, der Analyse von Motivations- und Suchtverhalten oder der Optimierung von Benutzerschnittstellen bei der Maschine-Interaktion voranzutreiben. Themen wie diese werden aktuell im Forschungsschwerpunkt Kognitionswissenschaften der Universität Potsdam bearbeitet.“

Dr. Lisa Schwetlick freut sich über die Auszeichnung: „Der Potsdamer Nachwuchswissenschafts-Preis hat für mich als Forscherin der Kognitionswissenschaft eine besondere Bedeutung. Nach meinem Studium und meiner Promotion in Potsdam ist diese Auszeichnung nicht nur eine persönliche Anerkennung, sondern auch eine Anerkennung für die Relevanz meiner Arbeit und meiner Bestrebungen offene, reproduzierbare Forschung voranzutreiben. Die Kognitionswissenschaft spielt eine entscheidende Rolle für das Verständnis menschlicher Denkprozesse und hat weitreichende Implikationen für verschiedenste Anwendungsbereiche. Einen besonderen Dank möchte ich an Prof Dr. Ralf Engbert und meine Kollegen an der Universität Potsdam richten, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Die Auszeichnung mit dem Potsdamer Nachwuchswissenschafts-Preis motiviert mich zusätzlich, meine Forschung weiter voranzutreiben und einen nachhaltigen Beitrag auf diesem wichtigen Gebiet zu leisten.“

Der Jury unter Vorsitz von Oberbürgermeister Mike Schubert lagen in diesem Jahr zwölf Nominierungen vor.

In der ausgezeichneten Arbeit ist es gelungen, ein Prozessmodell dieser Blickbewegungen auf dem Computer zu implementieren, sodass die wichtigsten statistischen Eigenschaften der menschlichen Blickbewegungen reproduziert werden können. Durch Anwendung von Methoden der Datenassimilation gelangt es ihr erstmals, das individuelle Blickverhalten von Versuchspersonen zu simulieren und für unbekannte Bilder vorherzusagen. Diese Arbeit kann als bahnbrechend in den Kognitionswissenschaften angesehen werden, da Prozessmodelle des menschlichen Verhaltens bisher kaum individuelle Unterschiede zwischen Versuchspersonen reproduzieren konnten. Darüber hinaus hat Frau Dr. Schwetlick mit Experimenten gearbeitet, bei denen Versuchspersonen verschiedene Aufgaben lösen mussten, z.B. die Anzahl von Tieren in einer Szene zu zählen oder die Tageszeit bzw. den Ort eines aufgenommenen Fotos abzuschätzen. Das von Lisa Schwetlick entwickelte Modell zeigt dabei, wie adaptiv menschliches Verhalten in Bezug auf Aufgabenvariationen ist. Durch die Kombination computerbasierter Modelle mit Methoden der Datenassimilation ist hier der Durchbruch gelungen, physiologisch interpretierbare Parameter für einzelne Versuchspersonen aus Daten zu gewinnen.

Hintergrund

Zur Person

Dr. Lisa Schwetlick wurde 1993 in Berlin geboren und begann ihr Studium im Fach Psychologie mit Bachelor-Abschluss im Jahr 2016. Von 2016 bis 2018 studierte Frau Schwetlick als Studentin des ersten Jahrgangs im damals neu eingeführten internationalen Masterstudiengang Kognitionswissenschaften an der Universität Potsdam. Im Juni 2023 hat Lisa Schwetlick ihre Promotion unter der Betreuung von Professor Ralf Engbert an der Universität Potsdam mit summa cum laude abgeschlossen. Seit Kurzem arbeitet Frau Dr. Schwetlick als Postdoktorandin an der École Polytechnique Fédérale in Lausanne.

Zur Arbeit

Für unsere Wahrnehmung natürlicher Szenen spielen Augenbewegungen eine zentrale Rolle. Die Informationsmenge bei der Verarbeitung visueller Szenen liegt weit über der Kapazität des menschlichen Gehirns, weshalb sich unsere Wahrnehmung zu einem Zeitpunkt immer nur auf einen ausgewählten Teil eines Bildes focussiert, statt die Gesamtheit der Information gleichzeitig zu verarbeiten. Für diese Art der Informationsverarbeitung müssen wir unsere Blickposition etwa 3- bis 4-mal pro Sekunde durch extrem schnelle Augenbewegungen, sog. Sakkaden, verändern und so auf die wichtigsten Teile einer Szene richten.

Die Dissertation „Datenassimilation neurokognitiver Modelle für Augenbewegungen“ von Dr. Lisa Schwetlick zur mathematischen Modellierung von Augenbewegungen wurde im DFG-Sonderforschungsbereich 1294 angefertigt. Dieser Sonderforschungsbereich ist ein interdisziplinäres Großprojekt, in dem Mathematikerinnen und Mathematiker mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen wie Physik, Geowissenschaften, Biologie, Pharmakologie und Kognitionswissenschaften zusammenarbeiten. Hinter dem Thema „Datenassimilation“ verbirgt sich Grundlagenforschung zu mathematischen und computerbasierten Methoden, mit denen Modelle besser an Messdaten angepasst werden könnten. So stecken Fortschritte in der Datenassimilation beispielsweise hinter den Fortschritten in der numerischen Wettervorhersage.

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