Politik

Durchbruch für ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien in der EU

Neue EU-Richtlinie für erneuerbare Energien von Mitgliedstaaten im Rat angenommen
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben am 16. Juni im Ausschuss der ständigen Vertreter
einer umfassenden Neugestaltung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED) zugestimmt. Das europäische
Ziel für erneuerbare Energien wird damit von bisher 32% auf 45% in 2030 deutlich angehoben. Das
bedeutet, eine Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien gegenüber dem erreichten Stand in
2021 von knapp 22%.
Dies ist ein großer Erfolg für den Ausbau der Erneuerbaren: Der vorgesehene Ausbau der erneuerbaren
Energien bis 2030 wird damit ungefähr verdoppelt. Für die neuen Ziele werden in der EU jedes Jahr
mehr als 100 GW an neuen Windrädern und Solaranlagen installiert. Für Deutschland heißt das, dass
die in 2022 stark erhöhten Ausbauziele für Wind- und Solarenergie durch europäische Vorgaben
untermauert und verbindlich werden. Die höheren EU-Ziele bilden außerdem den Rahmen für
weitergehende Maßnahmen und Ziele in der EU, beispielsweise die Solarstrategie der EU, die ungefähr
eine Verdreifachung der PV-Kapazität bis 2030 auf 600 GW vorsieht.
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck: „Ich bin sehr froh, dass der Rat sich
heute hinter die Einigung vom 30. März gestellt hat. Die überarbeitete Richtlinie wird den Ausbau
der erneuerbaren Energien in der ganzen Europäischen Union massiv beschleunigen. Wir heben das
Erneuerbaren-Ziel für 2030 von 32% auf 45% an. Insbesondere Wind- und Solarenergie werden doppelt
so schnell wie bislang vorgesehen ausgebaut. Die neuen europäischen Regeln werden einen Boom von
Investitionen in die Erneuerbaren auslösen und rechtsverbindlich machen. Das bedeutet für uns:
Unsere im letzten Jahr massiv erhöhten Ausbauziele für Wind- und Solarenergie werden jetzt durch
europäische Vorgaben untermauert. Damit werden wir unabhängiger von Energieimporten. Für mich ist
ganz zentral, es geht nicht nur um Ziele, sondern auch um Maßnahmen. Darum habe ich mich dafür
eingesetzt, dass wir viele der Genehmigungsbeschleunigungen für Erneuerbare-Energien-Projekte, auf
die wir uns in der Energiekrise 2022 geeinigt haben, nun verstetigt und dauerhaft fortgeschrieben
haben. Genehmigungen kommen schneller, Planungen werden beschleunigt. Daher freue ich mich, dass
die Europäische Union die Kraft hat, solch einen Erfolg für die erneuerbaren Energien zu
ermöglichen.“
Die Einigung ermöglicht darüber hinaus den Durchbruch der erneuerbaren Energien künftig auch in
anderen Sektoren als dem Stromsektor. Im Wärmesektor, im Verkehr und in der Industrie gelten jetzt
in jedem einzelnen Land verbindliche Ziele für die Nutzung der erneuerbaren Energien. Der Umstieg
auf erneuerbare Energien in allen Sektoren wird europäisch verpflichtend. Alleine in Deutschland
muss beispielsweise in 2030 die Industrie in großem Umfang Wasserstoff aus erneuerbaren Energien
nutzen, rund 20-25 TWh. Damit die Ziele auch in Maßnahmen umgesetzt werden, drohen
Vertragsverletzungsverfahren, wenn ein Land seine Sektorziele nicht einhält.
Zusätzlich werden Genehmigungsverfahren deutlich und dauerhaft beschleunigt. Dafür werden unter
anderem konkrete Fristen festgelegt: Genehmigungsprozess für neue Erneuerbaren-Projekte in
bestimmten Gebieten dürfen nicht mehr länger als 12 Monate dauern. Wichtig ist zudem, dass auch
weiterhin keine Anrechnung von Wasserstoff aus Atomstrom auf EU-Ziele stattfindet – die RED rechnet
ausschließlich erneuerbare Energien auf die Ziele an.
Außerdem gab es am 16. Juni eine Einigung auf den Markthochlauf insbesondere der e-Fuels im
Flugverkehr, die so genannte „ReFuelEU Aviation“. Die EU führt eine Quote für den Markthochlauf der
e-Fuels („RFNBOs“) im Flugsektor ein, von 1,2% e-Fuels in 2030 hin zu 35% e-fuels in 2050.
Insgesamt müssen dann 70% der Flugkraftstoffe in 2050 erneuerbar sein. Im Flugverkehr sind e-Fuels
besonders wichtig, da eine direkte Elektrifizierung nur begrenzt möglich ist.Hintergrund der
Einigung zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie: Anhebung des Gesamtziels
Die jetzt erfolgte Einigung auf eine Novelle der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) sieht vor,
dass das EU-2030-Ziel für erneuerbare Energien auf insgesamt 45% des gesamten Energieverbrauchs
(Bruttoenergieverbrauch) steigt. 42,5% sind wie bisher als verbindlich durch die Mitgliedsländer zu
erbringen. Dabei stellt die bereits existierende Governance-Verordnung sicher, dass dieses Ziel
auch tatsächlich erreicht wird. Dafür werden beispielsweise konkrete Maßnahmen ergriffen, wenn sich
andeutet, dass der Ausbau der Erneuerbaren noch nicht ausreicht. Hinzu kommt ein indikatives
zusätzliches Ziel von 2,5 Prozent. Dieses „Top-up“ soll durch weitergehende freiwillige Beiträge
der Mitgliedsstaaten oder durch gesamteuropäische Maßnahmen erreicht werden. Damit verdoppelt die
EU ihre Ambition beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Ersten Hochrechnungen zufolge sind die
deutschen Ziele ausreichend, um die neuen EU-Ziele zu erreichen. Nun müssen wir alles daransetzen,
um unsere nationalen Ausbauziele zu erreichen. National verbindliche Sektorziele für 2030 sorgen
dafür, dass erneuerbare Energien nicht nur im Stromsektor zum Einsatz kommen.Die Einigung führt
weitere verbindliche, nationale Sektorziele für die Nutzung erneuerbarer Energien ein. Hält ein
Mitgliedsstaat diese verbindlichen Sektorziele nicht ein, so drohen Vertragsverletzungsverfahren.
Der Anteil erneuerbarer Energien muss zwischen 2021-2025 jedes Jahr um 0,8 Prozentpunkte wachsen
und anschließend jährlich um 1,1 Prozentpunkte. Hinzu kommt ein neues, indikatives Gebäudeziel von
49% erneuerbare Energien am Wärmebedarf in Gebäuden. Im Verkehrssektor erhöht sich das bereits
verbindliche Ziel von 14% auf 29%. Ein neues verbindliches Unterziel im Verkehr umfasst eine
Kombination von strombasierten erneuerbaren Kraftstoffen (RFNBOs) und fortschrittlichen
Biokraftstoffen. Dieses Unterziel liegt bei 5,5%, davon soll 1% durch Wasserstoff und andere
strombasierte Brennstoffe (RFNBOs) abgedeckt werden.
Im Industriesektor wird ein neues verbindliches Ziel beim Einsatz von Wasserstoff und anderen
strombasierten Brennstoffen (RFNBO) vorgegeben. 42% des in 2030 verbrauchten Wasserstoffs in der
Industrie muss aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Dies entspricht einer Steigerung auf etwa
20 bis 25 TWh. Bis zum Jahr 2035 soll der Anteil auf 60% steigen. Hierfür werden in Deutschland je
nach Szenario etwa 41 bis 83 TWh Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen benötigt, da parallel
die Industrie immer mehr Wasserstoff nutzt. Zusätzlich ist als neues indikatives Ziel vorgesehen,
dass der Anteil von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in der Industrie jedes Jahr um
1,6% steigen soll. Regelungen zur Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus werden entfristet und
dauerhaft fortgeschriebenDie Regelungen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Ausbau
von erneuerbaren Energien und Netzen, die in der EU-Notfallverordnung beschlossen wurden, werden
weitestgehend festgeschrieben. Beispielsweise liegt der Erneuerbaren- und der Netzausbau im
überragenden öffentlichen Interesse und es kann in den Vorranggebieten auf zeitaufwendige
Prüfschritte verzichtet werden (keine zweite Umwelt- und Artenschutzprüfung auf Projektebene, wenn
es auf der Planungsebene bereits eine Prüfung gab). Das gilt aber nur, wenn angemessene
Vermeidungs- oder Ausgleichsmaßnamen getroffen wurden, das Naturschutzniveau also hoch bleibt.
Neuer Schwung bei grenzüberschreitenden ProjektenHinzu kommt neuer Schwung für grenzüberschreitende
EE-Projekte: jeder Mitgliedstaat muss mindestens ein grenzüberschreitendes Kooperationsprojekt
angehen; damit die gemeinsame Zusammenarbeit gestärkt wird. Zu solchen Kooperationsprojekten
gehören beispielsweise gemeinsame Offshore-Projekte. Deutschland gehört mit dem kürzlich
unterzeichneten deutsch-dänischen Offshore-Projekt „Bornholm Energy Island“ zu den Vorreitern in
der EU. Low carbon Fuels werden nicht auf die EE-Ziele angerechnetBei der lange strittigen Frage,
der Anrechnung von kohlenstoffarmen Brenn- und Kraftstoffen (sog. „low-carbon fuels“), wie etwa
Wasserstoff auf Basis von Atomstrom, wurde ebenfalls ein Kompromiss gefunden. Low carbon Fuels
werden nicht auf die EE- Ziele angerechnet. Es wird also weiterhin klar zwischen grünem H2 und Low
Carbon H2 unterschieden. Dafür hatte sich die Bundesregierung im Vorfeld mit Nachdruck eingesetzt.
Mitgliedstaaten, die ihren nationalen Zielbeitrag zum EU-2030-Ziel erfüllen, und deren Industrie
nahezu ausschließlich dekarbonisierte Brennstoffe nutzt, erhalten einen Abschlag auf das
Wasserstoff- Unterziel in der Industrie und damit etwas mehr Flexibilität. Hochlauf der e-fuels im
FlugverkehrDie zeitgleiche Einigung zur ReFuelEU Aviation führt dazu, dass e-Fuels im Flugverkehr
in hohem Maße angereizt werden, wo sie dringend gebraucht werden, da hier direktelektrische
Antriebe kaum möglich sind. Damit gilt nun auf EU-Ebene was in Deutschland bereits seit 2021 Gesetz
ist: die deutsche e-Fuels-Quote war bisher die weltweit erste Verpflichtung zum Einsatz dieser
Kraftstoffe. EU-weit müssen nun ab 2030 mindestens 1,2 % e-Fuels eingesetzt werden und 2032 bereits
2 %. Die Quote steigt bis zum Jahr 2050 auf 35 %. Insgesamt müssen im Zieljahr 2050 mindestens 70 %
erneuerbare Flugkraftstoffe eingesetzt werden, neben e-Fuels also auch Biokraftstoffe aus Rest- und
Abfallstoffen.

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