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Hochwasser, Krieg, Erdbeben: THW stellt Bilanz zum Jahr 2023 vor

Bonn. Bis zu den letzten Stunden des Jahres 2023 war das Technische Hilfswerk (THW) gefordert. Aufgrund der Überflutungen in Folge von Sturmtief Zoltan waren über den Jahreswechsel mehr als 5.500 THW-Kräfte mehr als 181.000 Stunden im Einsatz. Bei weiteren Einsätzen im In- und Ausland, wie nach der Sturmflut an der Ostsee oder nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien, war das Knowhow der ehrenamtlichen THW-Einsatzkräfte im Jahr 2023 in mehr als 829.000 Einsatzstunden vielfältig gefragt. Dies zeigt auch der interaktive THW-Jahresbericht, der heute erstmals ausschließlich digital veröffentlicht wurde. Wichtige Fortschritte hat die Einsatzorganisation bei der weiteren Modernisierung von Ausstattung, Fuhrpark und Gebäuden gemacht. „2023 hat gezeigt, dass das THW ein im Einsatz unerlässlicher und starker Partner im Bevölkerungsschutz ist. Inzwischen sind bei uns rund 88.000 Ehrenamtliche aktiv. Wir sind stark in der Gesellschaft und wollen diese Rolle weiter ausbauen“, erläutert THW-Präsidentin Sabine Lackner, die seit Juli an der Spitze der Einsatzorganisation steht.

Im Laufe des Jahres 2023 haben sich mehr als 4.000 Menschen entschieden, dem THW beizutreten. Damit ist die Marke von rund 4.400 Eintritten im Jahr 2022 fast wieder erreicht. Mittlerweile engagieren sich rund 88.000 Helferinnen und Helfer an 668 Standorten im THW – ein neuer Höchststand in der mehr als siebzigjährigen Geschichte der Bevölkerungsschutzorganisation. Gestiegen ist auch der Anteil der Mädchen und Frauen, die sich ehrenamtlich im THW engagieren. Mehr als 15.000 Helferinnen bedeuten ein Plus von 500 gegenüber dem Jahr 2022.

„Auf das THW ist in jeder Notlage Verlass: ob bei Hochwasser und Waldbränden bei uns im Land, bei Erdbebenkatastrophen im Ausland oder ob bei der massiven humanitären Unterstützung der Ukraine angesichts des verbrecherischen russischen Angriffskriegs. Und das THW ist ein Eckpfeiler, um unser Land widerstandsfähiger zu machen und für Krisen- und Katastrophenfälle zu wappnen. Dass die Zahl der Helferinnen und Helfer einen Höchststand erreicht hat und sich immer mehr Frauen beim THW engagieren, ist ein großartiges Zeichen. So steht das THW für die Stärke des Ehrenamts und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Einsatzkräften sowie ihren Familien, Freunden und Arbeitgebern danke ich herzlich“, würdigt Bundesinnenministerin Nancy Faeser das Engagement des THW.

Einsatzbewährungen im Fokus 

„Die THW-Helferinnen und -Helfer sind im Jahr 2023 rund 829.000 Stunden im Einsatz gewesen. Als verlässlicher Partner im Bevölkerungsschutz arbeiten wir dabei eng mit den Feuerwehren, Polizei und Hilfsorganisationen zusammen“, berichtet Präsidentin Lackner. THW-Kräfte waren im Jahr 2023 aufgrund einer Vielzahl von Ereignissen gefordert. Mitte Juni 2023 brachen auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen und am Bundeswehrstandort Hagenow im Südwesten Mecklenburg-Vorpommerns zwei Waldbrände aus. Insgesamt waren rund 80 Helferinnen und Helfer eingesetzt. Sie stellten unter anderem die Treibstofflogistik sowie Elektroversorgung sicher und verpflegten die Einsatzkräfte. Die Fachleute des THW für den Brückenbau waren im Jahr 2023 weiter sehr beschäftigt: Größere Behelfsbrücken errichteten sie unter anderem in Ennepetal, Linnich, Swisttal und Walporzheim.

Ende Juni zogen schwere Gewitter mit Hagel, Starkregen und lokalem Sturm über das Bundesgebiet. Rund 700 THW-Helferinnen und Helfer waren bundesweit drei Tage lang im Einsatz. Zu einem weiteren Großeinsatz kam es nach der Jahrhundert-Sturmflut Ende Oktober an der Ostsee. Sie führte zu schweren Überschwemmungen. Rund 300 THW-Einsatzkräfte halfen bei Sicherungs- und Aufräumarbeiten. Starke Schneefälle sorgten Anfang Dezember in Süddeutschland für erhebliche Probleme. In Bayern waren rund 550 THW-Kräfte im Einsatz, vor allem im Großraum München. In Baden-Württemberg rückten 44 THW-Kräfte aus. Ab den Weihnachtsfeiertagen waren dann THW-Einsatzkräfte aus mehr als 325 Ortsverbänden aufgrund von Überflutungen und Hochwasser hauptsächlich in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt gefragt. Der Einsatz der mehr als 5.500 THW-Helferinnen und -Helfer dauerte bis weit in den Januar 2024 an.

Internationale Hilfe und Hilfsgüterlieferungen

Gleich zu Beginn des Jahres, am 6. Februar 2023, entsandte das THW im Auftrag der Bundesregierung Einsatzkräfte in die Türkei, um nach den verheerenden Erdbeben bei der Rettung von Verschütteten zu helfen und den Einsatz der Vereinten Nationen (VN) zu unterstützen. Darüber hinaus wurden Hilfsgüter im Gesamtwert von rund 7,6 Millionen Euro in die Türkei und nach Syrien gebracht. Im August waren THW-Kräfte nach schweren Regenfällen in Slowenien im Einsatz. Die Helferinnen und Helfer der Fachgruppen Brückenbau, Räumen und Schwere Bergung errichteten in Prevalje zwei Brücken, räumten Bäche frei, beseitigten Treibgut sowie Geröll und setzten Straßen instand.

Eine zentrale Aufgabe im Jahr 2023 war die Lieferung von Hilfsgütern. Seit 2022 läuft für die Ukraine der größte Auslands-Logistikeinsatz des THW. Insgesamt wendete das THW rund 120 Millionen Euro für die Beschaffung von Hilfsgütern im Rahmen der Unterstützung der Ukraine und ihrer Nachbarländer auf. Mehr als 120 Fahrzeuge wie Feuerwehr-Drehleitern, Löschfahrzeuge und Kipper sowie Baumaschinen wie Bagger – darunter zwei große Abbruchbagger – schickte das THW in die Kriegsregion. Mit weiteren Hilfslieferungen unterstützte das THW im Auftrag der Bundesregierung Menschen, die nach der Militäroffensive Aserbaidschans aus der Region Berg-Karabach nach Armenien geflohen waren. Dazu gehörten Hilfsgüter im Wert von rund 300.000 Euro, darunter 50 Stromerzeuger sowie jeweils 1.000 Decken, Feldbetten, Isomatten und Schlafmatten. Der Zyklon „Daniel“ hatte in Libyen schwere Verwüstungen angerichtet. Das THW stellte Hilfsgüter im Wert von rund 460.000 Euro zur Verfügung. Unter anderem umfasste die Lieferung 100 Zelte mit Zeltbeleuchtung, 1.000 Feldbetten, 1.000 Schlafsäcke, 900 Isomatten, 1.000 Decken, 80 Stromerzeuger und 1.000 Wasserfilter. Der Transport erfolgte in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr.

Neue Behördenleitung – neue Ziele

Nach elf Jahren an der Spitze des THW und 37 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit für die Einsatzorganisation verabschiedete sich THW-Präsident Gerd Friedsam Ende Juni in den Ruhestand. Als neue Präsidentin wurde im September Sabine Lackner, bisher THW-Vizepräsidentin, vom Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Johann Saathoff, in Berlin feierlich ins Amt eingeführt. Zum neuen Vizepräsidenten wurde Dierk Hansen berufen. Zusammen wollen die beiden das THW als Team in die Zukunft führen. „Wir setzen uns dafür ein, dass das THW gemeinsam stark für den Einsatz und in der Gesellschaft wird“, betonen Präsidentin und Vizepräsident. Schwerpunkte sollen dabei auf die Bereiche Ausstattung und Ausbildung gelegt werden. Ein wichtiger Baustein, der die Herausforderungen aufgreift, vor denen der Bevölkerungsschutz steht, ist dabei das so genannte „THW-Rahmenkonzept“, das im Juni 2023 in einer aktualisierten Version veröffentlicht wurde. Basis für das flächendeckende ehrenamtliche Engagement im THW sind dabei die Standorte der Ortsverbände. Daher wurden im Juli 30 THW-Ortsverbände festgelegt, für die im Rahmen des so genannten Bauprogramms zügig neue Unterkünfte durch einen Totalunternehmer nach Baukastenprinzip errichtet werden sollen.

Innovative Logistik und neue Technik

Mit den neuen Logistikzentren (LogZ) leistet das THW einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Nationalen Reserve im Gesundheitsschutz (NRGS). Mit den Standorten in Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen wird der Bevölkerungsschutz in Deutschland insgesamt weiter gestärkt. Das THW als technisch-logistische Einsatzorganisation des Bundes ist damit künftig noch besser auf Krisen, Naturgefahren, (technische) Katastrophen oder hybride Gefahren vorbereitet.

Das Zentrallager für Auslandseinsätze hat einen neuen Standort im nordrhein-westfälischen Hilden gefunden. Das 42.000 Quadratmeter große THW-Logistikzentrum bietet Platz für 8.500 Europaletten mit Einsatzausrüstung, Bekleidung, Geräten und Werkzeugen. Darunter befindet sich nun auch das Material für Einheiten wie die Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA), die Schnell-Einsatz-Einheit Wasser Ausland (SEEWA) sowie Kommunikations- und Camp-Ausrüstung.

Einen weiteren Schwerpunkt legte das THW im Jahr 2023 auf Technik und Ausstattung. „Im vergangenen Jahr konnten wir rund 630 Fahrzeuge – alleine 24 LKW mit Ladekran und Seilwinde sowie 529 Anhänger – an die Ortsverbände übergeben“, freut THW-Präsidentin Sabine Lackner.

15 Jahre Forschen für die Zukunft

Seit 15 Jahren ist das THW auch in der Sicherheitsforschung aktiv. Zahlreiche Projekte gingen im vergangenen Jahr erfolgreich zu Ende. Das Projekt CURSOR, in dem die Rettungsunterstützung in Trümmern mit Robotern erforscht wurde, oder das Projekt DeeperSense, in dem eine Unterwassersensorik entwickelt wurde, die durch trübe und undurchsichtige Gewässer „hindurchsehen“ kann, endeten 2023. Erfolgreich schloss das THW zusammen mit seinen Partnern auch die Projekte SORTIE, ein modulares Plug-and-Play-Sensorsystem zur schnelleren und zuverlässigeren Ortung von Verschütteten bei gleichzeitiger Reduzierung des Gefahrenpotenzials für die Einsatzkräfte, das Projekt AIFER, das künstliche Intelligenz zur Analyse und Fusion von Erdbeobachtungs- und Internetdaten zur Entscheidungsunterstützung im Katastrophenschutz einsetzt, sowie MEDEA, ein Expertennetzwerk mit Fokus auf die Mittelmeer- und Schwarzmeerregion, ab.

Gemeinsam stark

Mehr als 17.000 junge Helferinnen und Helfer sind in der THW-Jugend aktiv. Dies wird nun auch in den THW-Leitsätzen besonders berücksichtigt. Sie spiegeln die Werte innerhalb des THW wider und bilden das Fundament, auf dem die Zusammenarbeit aufbaut. Diese Basis ist nun um einen 11. Leitsatz erweitert, der den Schutz von Kindern und Jugendlichen verbindlich im THW verankert. Er lautet: „Wir setzen uns aktiv für das Kindeswohl ein und schützen die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen.“

Über die Arbeit des THW wurde im September 2023 auch eine zehnteilige Dokumentation im Fernsehen ausgestrahlt. Für die Serie „Wahre Helden – Einsatz fürs THW“ begleitete ein Team des NDR THW-Kräfte hautnah bei Einsätzen im In- und Ausland, bei Übungen und in der Ausbildung. In der ersten Staffel stehen vor allem die Auslandseinsätze im Mittelpunkt. In der zweiten Staffel rücken die Einsätze im Inland in den Vordergrund. Die beiden Staffeln stehen weiterhin in der ARD-Mediathek zur Verfügung.

In modernem Design, mit vereinfachter Navigation und angepasster Seitenstruktur ist seit Mitte Dezember thw.de, der Internetauftritt des THW, online. Neu auf der Seite ist zum Beispiel der Einsatzticker, der die Bandbreite der THW-Einsätze zeigt. Außerdem stellt sich das THW dort als Arbeitgeber vor.

Den digitalen Jahresrückblick 2023 des THW mit vielen Bildern und Videos können Sie unter diesem Link abrufen: https://story.thw.de/jahr2023

Das THW ist die ehrenamtlich getragene Einsatzorganisation des Bundes. Das Engagement der bundesweit rund 88.000 Freiwilligen bildet die Grundlage für die Arbeit des THW im Bevölkerungsschutz. Mit seinen Fachleuten, seiner Technik und seinen Erfahrungen ist das THW im Auftrag der Bundesregierung weltweit gefragt, wenn Notlagen dies erfordern. Neben bilateralen Hilfen gehören dazu auch technische und logistische Aufgaben im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Europäischen Union sowie im Auftrag von VN-Organisationen. Mehr Informationen zum Engagement des THW im In- und Ausland finden Sie hier: www.jetzt.thw.de.

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