FernsehnMedien/Kultur

Inside Tesla Deutschland: Auftakt für neues Format „stern Investigativ“ heute um 22:35 Uhr bei RTL

Im März 2022 eröffnete einer der reichsten Männer der Welt, Elon Musk, im brandenburgischen Grünheide nach nur knapp zwei Jahren – oder 861 Tagen – Bauzeit die erste europäische Tesla-Fabrik: Das Elektro-Auto-Werk Gigafactory. 10.000 Menschen arbeiten in der Fabrik, 40.000 sollen es irgendwann sein. Doch was sind das für Arbeitsplätze? Und wie geht es den Mitarbeitenden heute? Für „stern Investigativ“ haben die preisgekrönten Investigativ-Journalist:innen Christian Esser, Manka Heise und Tina Kaiser ein Jahr lang recherchiert. Dazu war das „stern Investigativ“-Team auch Undercover in der Fabrik unterwegs und konnte mit versteckter Kamera teils schlimme Arbeitszustände dokumentieren. Hinzu kommen diverse Umweltverschmutzungen in einem Trinkwasserschutzgebiet. RTL zeigt „stern Investigativ: Inside Tesla Deutschland – Musks Profit auf Kosten der Arbeiter” heute um 22:35 Uhr. Über die Enthüllungen berichtet auch der Stern umfassend in seiner aktuellen Printausgabe sowie bei Stern+, stern.de und ntv.de. Die ersten beiden Folgen des begleitenden Podcasts stehen ab sofort auf RTL+ Musik zum Abruf bereit.ntv strahlt die erste Folge von „stern Investigativ“ zudem am 29. September um 23:30 Uhr aus.  

„Größte Sorge, dass irgendwann jemand zu Tode kommt“: Auffällig viele Arbeitsunfälle in der Fabrik 

Im Zuge der Recherche stößt das „stern Investigativ“-Team unter anderem auf bisher nicht veröffentlichte Dokumente von Behörden und Rettungsdiensten, die auffällig viele Arbeitsunfälle, darunter schwere und schwerste, in Teslas deutscher Fabrik, dokumentieren. Aus einer Aktennotiz des Landesamts für Arbeitsschutz geht hervor, dass auf dem Werksgelände über einen längeren Zeitraum fast täglich Unfälle passierten. Allein zwischen Juni und November 2022 gab Tesla selbst demnach mindestens 190 meldepflichtige Unfälle an. In Deutschland sind alle Arbeitsunfälle meldepflichtig, nach denen Arbeitnehmer mindestens drei Tage arbeitsunfähig sind.  

Unterlagen der Rettungsstellen dokumentieren zudem, dass Musks Fabrik im ersten Jahr nach der Eröffnung 247-mal einen Rettungswagen oder Hubschrauber anforderte. Auf die Mitarbeiterzahl umgerechnet, seien dies –in ähnlichem Zeitraum –dreimal so viele Notfälle wie beispielsweise in Audis Werk in Ingolstadt. Die Rettungsberichte zeigen unter anderem, dass einem Mitarbeiter aus mehreren Meter Höhe eine 50 Kilogramm schwere Holzkiste auf den Kopf fiel oder ein Mitarbeiter in einen Dosierofen mit glühend heißem Aluminium mit dem Fuß einbrach. Zudem hätten die Retter Verletzungen durch Verbrennungen, Salzsäure oder amputierte Gliedmaßen aufgelistet. 

Um noch mehr über die Arbeitsbedingungen vor Ort zu erfahren, gehen die „stern Investigativ“-Praktikantinnen Kim und Valeria als Lucy bzw. Elli Undercover in die Fabrik. Was sie unter anderem beobachten: Unterbesetzung, Sicherheitsrisiken, fehlende Einarbeitung und Druck auf die Mitarbeitenden, möglichst viele Autos zu bauen.  

Der Bezirksleiter der IG Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen, Dirk Schulze, sagt: „Diese Häufigkeit an Arbeitsunfällen ist nicht normal“. Es handele sich vielmehr um ein Mehrfaches dessen, was in anderen Automobilfirmen üblich sei. „Ich habe die größte Sorge, dass irgendwann jemand zu Tode kommt.“  

Mindestens 26 Umweltunfälle in Trinkwasserschutzgebiet 

In der Fabrik gab es außerdem eine Vielzahl gefährlicher Umweltunfälle, die nach Expertenmeinung die Trinkwasserversorgung der gesamten Region gefährden könnten. Das Landesamt für Umwelt bestätigte dem Stern, dass es seit der Werkseröffnung insgesamt 23 Havarien auf dem Gelände gab. Die Nachrichtenagentur dpa fragte nach Bekanntwerden der Stern-Recherchen beim Landesamt für Umwelt nach und bekam zur Antwort, die Behörde habe inzwischen statt 23 sogar 26 gemeldete Vorfälle in den Akten gefunden. Zudem berichteten Zeugen von weiteren Fällen, die den Behörden offenbar unbekannt sind.  

Unter den 26 offiziell von Tesla gemeldeten Vorfällen waren acht Brände, ausgelaufene Chemikalien wie Epoxidharz, Hydrauliköl, Farbe, Lacke oder Dieselkraftstoff. Nach einem Brand am 20. September 2020 sollen laut einem Meldebericht von Tesla bis zu 300 Liter Löschwasser im Boden versickert sein. Zudem entdeckten Prüfer der Wasserbehörde des Landkreises Oder-Spree auf dem Werksgelände im Juli dieses Jahres eine illegale Tankstelle für Diesel, versteckt in einem weißen Zelt. Sie ordneten eigenen Angaben zufolge an, die Zapfsäulen sofort abzubauen. Laut den „stern Investigativ“-Recherchen sollen dort allerdings schon Wochen zuvor rund 250 Liter Diesel ausgelaufen sein.  

Diese Vorfälle sind brisant, weil Teslas Fabrik größtenteils in ein Trinkwasserschutzgebiet gebaut ist. Die Wasserschutzverordnung des Landes verbietet deshalb beispielsweise, in diesem Gebiet mehr als 50 Kühe zu halten. Denn ihre Exkremente könnten das Grundwasser verseuchen. Nach Ansicht von Experten genügen geringe Mengen Schadstoffe, um die Trinkwasserversorgung für 170.000 Menschen zu gefährden. Schon „ein ausgelaufener Kanister mit Öl oder Diesel auf dem Grundstück der Tesla-Fabrik, kann ausreichen, um beispielsweise die Brunnen in Hohenbinde über viele Jahre hinaus zu verseuchen“, sagt etwa Martin Pusch vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. Die Brunnenanlagen von Hohenbinde sind nur rund anderthalb Kilometer Luftlinie vom Tesla-Werk entfernt.  

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) gab zu, dass Probleme auf Teslas Werksgelände aufgetaucht seien. Er könne aber ausschließen, dass das Grundwasser unter der Fabrik verseucht sei. Auf Teslas illegale Tankstelle angesprochen, sagte er: „Ich bin jetzt nicht bereit, weitere Auskünfte zu geben.“ Die für Kontrollen im Werk zuständige untere Wasserbehörde sagt: „Ein Eindringen von wassergefährdenden Stoffen in den Boden kann weder auf dem Gelände des Unternehmens noch an einer anderen Stelle im Zuständigkeitsbereich der unteren Wasserbehörde des Landkreis Oder-Spree vollständig ausgeschlossen werden.“ Die öffentliche Wasserversorgung sei dennoch nicht gefährdet.  

Wegen Geheimhaltung zu Tesla-Akten: Internetportal verklagt Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke  

Das Transparenzportal „FragDenStaat“ hat Klage gegen Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eingereicht. Die Betreiber werfen Woidke vor, rechtswidrig Informationen zum Werk des Autobauers in Grünheide unter Verschluss zu halten. Das Verwaltungsgericht Potsdam bestätigte den Eingang der Klage.  

Das Portal hatte im Mai dieses Jahres bei Woidkes Staatskanzlei Einsicht in Akten zu einer Task Force beantragt. Dort sitzen laut Staatskanzlei Vertreter aller wichtigen Ministerien regelmäßig mit Tesla-Managern zusammen: seit November 2019 bisher mindestens 27-mal, wie es auf der Internetseite der Behörde heißt. Allerdings erfährt die Öffentlichkeit nicht, was diese Runde dort bespricht.  

Woidkes Landesregierung hat trotz mehrfacher Nachfragen dazu keine Auskunft gegeben. Auch gegenüber Journalisten nicht. Nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzt (AIG) ist es möglich, eine Einsicht in Gesprächsprotokolle und Ähnliches zu beantragen. Üblicherweise muss ein solcher Antrag binnen eines Monats beantwortet werden.  

Die Staatskanzlei hat dem Portal seit Mai mehrmals geantwortet, die Prüfung dauere noch an. So geht es aus Mails hervor, die der Stern eingesehen hat. Aiko Kempen von „FragDenStaat“ sagte dem Magazin: „Die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, wie ein Milliardenkonzern Einfluss auf das Land nimmt.“ Wenn der Ministerpräsident seiner Pflicht auf Offenlegung nicht nachkomme, müsse er vor Gericht dazu gezwungen werden. 

Tesla selbst äußerte sich bis dato nicht zu den Vorwürfen.  

Hashtag auf Social Media: #InsideTesla  

Kommentar verfassen