Berlin

Langzeit- und Seniorenpflege: Das System ist das Problem

Anlässlich der heutigen Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus (AGH) zum Not-Einsatz in einem Lichtenberger Pflegeheim wegen akuten Personalmangels weist ver.di auf die grundsätzlichen, politisch bedingten Probleme im System der Langzeit- und Senior*innenpflege hin.
„Es ist unerträglich, dass so etwas vorkommt. Gut daran ist nur, dass durch den Vorfall in Lichtenberg der Personalmangel in den Pflegeheimen in den Fokus des politischen Interesses rückt. Dieser Fall muss Anlass sein, die grundsätzlichen Probleme in den Blick zu nehmen und politisch zu handeln“, erklärt Gisela Neunhöffer, stellvertretende Landesfachbereichsleiterin für Pflege in Berlin und Brandenburg.
Die maßgebliche wissenschaftliche Studie („Rothgang-Studie“) von 2022 hat ergeben, dass bis 2030 mindestens 51.000 Pflegekräfte fehlen werden. Würde man mit einem ausreichenden Personalschlüssel arbeiten, bräuchte es sogar 186.000 zusätzliche Kräfte. Häufig sind Dienstpläne so gestaltet, dass schon eine einzige Krankmeldung eine akute Krisensituation auslöst. Es fehlen oft Springer- und Ausfallkonzepte. Die Politik trägt dafür eine Mitverantwortung. So ist durch die bundesgesetzlichen Finanzierungsvorgaben für die Pflegekassen festgeschrieben, dass nur 40 % des zusätzlich notwendigen Personals refinanziert werden.
Doch auch auf Landesebene besteht Handlungsbedarf. Die Personalvorgaben für die Pflegeheime werden zwischen den Pflegekassen und den Verbänden der Leistungserbringer auf Landesebene in sogenannten Landesrahmenverträgen festgelegt. In diesen Plänen muss festgeschrieben werden, wie viel Personal für die Patienten tatsächlich pro Schicht anwesend sein muss.
„Der Berliner Senat, die Pflegekassen und die Leistungserbringer müssen jetzt gemeinsam Vereinbarungen treffen, wie Personalstandards auf Landesebene festgelegt und wirksam kontrolliert werden. Wenn jetzt nicht politisch gehandelt wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das nächste Mal Notarzt und Feuerwehr ausrücken müssen, weil in einem Pflegeheim das Personal fehlt“, erklärt Neunhöffer.

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