Potsdam

Vertiefende Untersuchung zum sozialen Erhaltungsrecht

Gutachten für das Untersuchungsgebiet südlich des Potsdamer Hauptbahnhofs und im südlichen Babelsberg liegt vor

Um die Bewohnerinnen und Bewohner vor Verdrängungsprozessen auf dem Wohnungsmarkt zu schützen, hat die Landeshauptstadt Potsdam geprüft, ob für das Gebiet südlich des Potsdamer Hauptbahnhofs/Babelsberg Süd eine soziale Erhaltungssatzung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB erlassen werden kann.

Um das Vorliegen der Voraussetzungen für eine soziale Erhaltungssatzung rechtssicher begründen zu können, ist eine umfassende Untersuchung in dem dafür vorgesehenen Gebiet erforderlich.

Für die Untersuchungsgebiete südlich des Hauptbahnhofes wurde unter anderem eine repräsentative Haushaltsbefragung durchgeführt, an der sich mehr als 1.300 Menschen beteiligt haben. Darüber hinaus sind für das Gutachten umfassende Ortsbildanalysen durchgeführt worden.

Die Ergebnisse der Untersuchung werden am 28. März 2023 im Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Wohnen und Inklusion sowie am 30. März 2023 in einer öffentlichen Anwohnerversammlung vorgestellt. An der Veranstaltung nehmen auch Oberbürgermeister Mike Schubert und die Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit, Brigitte Meier teil. Sie stehen bei Bedarf für Fragen zum sozialen Erhaltungsrecht und zu den Untersuchungsergebnissen zur Verfügung.

Oberbürgermeister Mike Schubert: „Eine Bürgerumfrage aus 2022 hat deutlich aufgezeigt, dass die Gefahr der Verdrängung von finanziell schwächeren Menschen aus der Stadt als größte Herausforderung für die Stadtgesellschaft gesehen wird. Drei von fünf Befragten sehen hier akuten Handlungsbedarf. Das nehme ich sehr ernst! Die Landeshauptstadt hat sich vor diesem Hintergrund das strategische Ziel gesetzt, einerseits bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum neu zu schaffen, andererseits den vorhandenen bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum zu erhalten. Zudem streben wir eine nachhaltige Entwicklung der Stadt- und Ortsteile mit einer ausgewogenen gemischten Bevölkerungsstruktur an. Wir wollen gewachsene und lebendige Bewohnerstrukturen in den Wohngebieten schützen! Die Soziale Erhaltungssatzung ist für Potsdam daher ein wichtiges Instrument, um in bestimmten Quartieren steuernd in den Wohnungsmarkt eingreifen zu können und etwa Luxussanierungen zu verhindern, die von den Bewohnenden schlicht nicht mehr getragen werden können.“

Brigitte Meier, Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit, ergänzt: „Potsdam ist bereits stark segregiert. Das sorgt für ungleiche Lebensverhältnisse in den einzelnen Stadt- und Ortsteilen. Ein wichtiges Instrument, um einer weiteren sozialen Entmischung entgegenzutreten, sind soziale Erhaltungssatzungen. Die Ergebnisse der vertiefenden Untersuchung zeigen, dass wir – erstmals in Potsdam und Brandenburg – dieses Instrument aus dem Baugesetzbuch nun fachlich fundiert auf den Weg bringen können.“

Die Anwohnerversammlung findet von 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr im „Spartacus“ im freiland Potsdam, Friedrich-Engels-Straße 22, statt.

Hintergrund:

Die soziale Erhaltungssatzung ist ein städtebauliches Instrument aus dem Baugesetzbuch. Mit dem sozialen Erhaltungsrecht soll die Wohnbevölkerung in einem Erhaltungsgebiet vor Verdrängungsprozessen geschützt werden. Verdrängungsprozesse können vor allem durch bestimmte bauliche Modernisierungsmaßnahmen an Wohngebäuden und Wohnungen und den damit einhergehenden Mieterhöhungen durch die Umlage der Modernisierungskosten verursacht werden.

Zu solchen Maßnahmen zählen zum Beispiel:

  • besonders aufwändige, wohnwerterhöhende Modernisierungsarbeiten,
  • die Zusammenlegung oder Teilung von Wohnräumen/Wohnungen,
  • die Umnutzung von Wohnungen in Gewerbe oder Ferienwohnungen,
  • der Abriss von Wohngebäuden und
  • die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.

Mit dem Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung sollen unter anderem Modernisierungen sozial verträglich und behutsam umgesetzt werden, um die nachbarschaftliche Stabilität zu sichern und damit negative städtebauliche Folgen zu vermeiden. Der Verlust einer nachfragegerechten Wohnungsbelegung, eine veränderte Nachfrage nach Wohnraum und Infrastruktur oder der Verlust günstigen Mietwohnraums in zentraler städtischer Lage können solche zu vermeidenden negativen städtebaulichen Folgen sein.

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