Brandenburg

„Warnsignal für uns alle“ – Staatskanzlei-Chefin zum Monitoring-Bericht 2022 der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg

Online-Antisemitismus, Holocaust-Relativierung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus: Die Fachstelle Antisemitismus Brandenburg mit Sitz in Potsdam hat im vergangenen Jahr insgesamt 204 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Die Ergebnisse des Monitoring-Berichts 2022 wurden heute in der Potsdamer Staatskanzlei auf einer Pressekonferenz vorgestellt, an der die Chefin der Staatskanzlei, Ministerin Kathrin Schneider, teilnahm. Gleichzeitig wurde ein neues, digitales Meldeformular für antisemitische Vorfälle präsentiert. Schneider betonte: „Antisemitismus darf niemandem egal sein. Jüdisches Leben gehört seit jeher zu Brandenburg. Dieses zu stärken und den in Brandenburg lebenden Jüdinnen und Juden ein Leben ohne Furcht vor Anfeindungen oder Übergriffen zu ermöglichen, ist ein unverrückbares Anliegen der Landesregierung.“

Schneider weiter: „Die Anzahl antisemitischer Vorfälle in Brandenburg ist immer noch hoch. Der Monitoring-Bericht ist insofern ein Warnsignal für uns alle. Er zeigt, dass der Dreiklang der Arbeit der Fachstelle Antisemitismus aus Aufklärung, Beratung und Unterstützung von Betroffenen weiter sehr wichtig ist.“

Laut dem Monitoring-Bericht zeigen mit 98 Fällen 48 Prozent der im Jahr 2022 dokumentierten antisemitischen Vorfälle und Straftaten einen rechtsextremen/rechtspopulistischen Hintergrund auf. In 81 Fällen konnte kein eindeutiger politischer/weltanschaulicher Hintergrund festgestellt werden. In dem Bericht sind Meldungen erfasst, die direkt bei der Fachstelle eingingen. Hinzu kommen Meldungen aus der polizeilichen Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) 2022 sowie Hinweise von zivilgesellschaftlichen Partnern. Es wird unterschieden in extreme Gewalt, Angriff, Sachbeschädigung, Bedrohung, verletzendes Verhalten und Massenzuschriften. Erstmals wurden auch allgemeine antisemitische Aussagen aufgenommen.

Dervis Hizarci, Vorstandsvorsitzender der „Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus“ als Träger der Fachstelle, sagte: „Eines hat sich in den letzten Tagen und Wochen gezeigt: Die vielzitierte Brandmauer nach rechts ist fragil, sie droht jederzeit einzustürzen. Die Monitoring-Zahlen aus Brandenburg verdeutlichen uns, dass die überwiegende Mehrheit antisemitischer Vorfälle aus dem rechten bis rechtsextremen Spektrum kommen. Und das Dunkelfeld ist noch viel größer! Das sind Zahlen, die jeden von uns erschüttern müssen. Höchste Zeit, dass sich alle demokratischen Kräfte vereinen und dieser Entwicklung entschieden entgegentreten.“

Bei der überwiegenden Mehrheit der antisemitischen Vorfälle handelt es sich um verletzendes Verhalten (85 Prozent). Die meisten Vorkommnisse (66 von 204) ereigneten sich im Internet. Schneider: „Antisemitismus im Netz muss stärker in den Fokus genommen und gegebenenfalls geahndet werden. Wir brauchen einen kritischeren Umgang mit Online-Quellen und Sozialen Medien.“ Darüber hinaus wiesen 30 Vorfälle einen direkten Corona-Bezug auf.

Die Fachstelle Antisemitismus Brandenburg ist u.a. Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene von Antisemitismus. Sie nimmt antisemitische Fälle auf, wertet diese inhaltlich wie statistisch aus und bietet gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern wie der Opferperspektive weiterführende Unterstützung an.

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