Erica Jong – Zu Gast: Regisseur Kaspar Kasics – Am 31. März um 18 Uhr
Wie so oft bei großen Schriftstellerinnen und Schriftstellern überragt ein Werk die
vielen anderen, die meist nachher entstehen. «Fear of Flying» machte Erica Jong in den 1970er Jahren
weltweit bekannt und ist heute noch in Buchhandlungen erhältlich. Es war ein mutiges Befreiungssbuch für
viele Frauen, die die herkömmlichen und bevormundenden Verhältnisse nicht mehr zu erdulden bereit
waren, sondern sich nach sexueller und gesellschaftlicher Eigenständigkeit sehnten und diese seit 1968 zu
erkämpfen bereit waren. Erica Jong ist sich treu geblieben. Die Frage der Gleichberechtigung und
der weiblichen Selbstbestimmung zieht sich durch alle ihre Romane und bis heute durch ihren Alltag
und durch ihre Gedanken. Dabei hat sie ihren Humor und ihre Fantasie nicht verloren und scheut weder
Öffentlichkeit noch persönliche Nähe. Der Film gibt Einblick in ihr umtriebiges New Yorker Großstadtleben,
in ihren Umgang mit Unverständnis und demütigender Kritik und in ihr fortlaufendes Engagement für eine
junge Generation von Frauen. Er zeigt ihre widersprüchliche und ungereimte Herkunft, sowie ihren
Rückzug in die persönliche Isolation und in die Welt der Poesie, die Erica Jong existentiell zum Schreiben
braucht. Und die durch die bedrohliche Situation der Pandemie in unerwarteter Weise gespiegelt wird.
„Vom Namen her war mir Erica Jong seit langem bekannt. Aber ich kam nicht auf die Idee, ein Buch von ihr
zu lesen, denn die Kritiken von «Fear of Flying» hatten mich abgeschreckt. Zur Erkenntnis, dass man die
unbequeme und Tabus anrührende Autorin bewusst in die Ecke minderwertiger Pornoliteratur drängte, um
ihrem eigentlichen Thema auszuweichen, bin ich, der sich mit Franz Kafka und Ödon von Horváth
beschäftigte, damals nicht gekommen. Erst als 2015 ihr Roman «Fear of Dying» erschien, packte mich die
Neugier. Ich war überrascht über Erica Jongs Eigenwilligkeit, Klugheit und ihrem Humor, mit dem sie die
Geschichte ihrer Eltern erzählt, die nicht sterben, die aber auch nicht mehr miteinander reden wollen.
Ebenso überrascht war ich, dass es keinen Dokumentarfilm über Erica Jong gab. Ich vermutete, dass man
der Stimme dieser unangepassten Frau, die ein so großes Publikum und sehr viele Frauen mit ihren
Büchern erreichte, nicht noch mehr Gewicht geben wollte. Vielleicht liege ich auch falsch und es war und ist
die Schwierigkeit, über eine Schriftstellerin einen Film zu drehen, vor der man
zurückschreckte. Erica Jong selbst fragte mich beim Drehen mehrmals, warum wir so belanglose Momente des Alltags aufnähmen. Auch sie beim Schreiben zu sehen, sei langweilig. Denn was
soll man bei Schriftstellerinnen oder Schriftstellern zeigen? Ihre Kunst liegt im
Erzählen, in den Worten, in der Sprache. Sie gab ihren Widerstand erst auf, als ich einen für sie passenden
Ausdruck und vor allem die Analogie zu ihrer eigenen Tätigkeit beschwor und sie zur Einsicht kam: «I
understand, Kaspar, you need tons of material. And you work with it in a similar way as I do when writing
my books.»” (Anmerkung von Regisseur Kaspar Kasics)